Im November 2018 rief die rechtsextreme Partei national orientierter Schweizer (PNOS) in Basel zu einer Demonstration auf dem Messeplatz auf, zu welcher letztlich rund dreissig Personen erschienen. Auf der anderen Seite organisierte das Bündnis «Basel Nazifrei» eine Gegendemonstration, welche rund 2'000 Menschen mobilisierte.
Aufgrund der aufgeladenen Stimmung auf dem Messeplatz war die Basler Polizei mit einem Grossaufgebot vor Ort. Gegen Ende der Kundgebungen kam es gleichwohl zu Auseinandersetzungen zwischen einigen der Gegendemonstranten und der Polizei.
In den letzten Wochen leitete die Basler Staatsanwaltschaft nun aufgrund dieser Ereignisse fast 60 Strafverfahren ein, die sich mehrheitlich gegen Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Gegendemonstration richten. Ihnen werden Delikte wie Landfriedensbruch, Körperverletzung, Gewalt und Drohung gegen Beamte oder Störung des öffentlichen Verkehrs vorgeworfen.
Die Staatsanwaltschaft eröffnete aber nicht nur viele Strafverfahren - so viele wie kaum je bei einem vergleichbaren Zwischenfall - sondern suchte auch mehrere Tatverdächtige zuhause auf. Peter Gill von der Basler Staatsanwaltschaft sagt: «Im Rahmen dieser Ermittlungen ist es zu vorübergehenden Festnahmen gekommen und in diesem Zusammenhang hat es auch Hausdurchsuchungen gegeben.»
Frage der Verhältnismässigkeit
Eine Gruppe von Aktivistinnen und Aktivisten solidarisiert sich nun mit den Angeschuldigten. Es sei zwar klar gewesen, dass es nach den Scharmützeln zu Strafverfahren kommen werde, sagt einer der Aktivisten. Er kritisiert aber das Ausmass der Aktion: «Diese Strafverfolgung mit diversen Festnahmen sehen wir als klares politisches Zeichen seitens der Staatsanwaltschaft und als Versuch der Einschüchterung.»
Der Basler Strafrechtler und SP-Grossrat Christian von Wartburg sieht die Methoden der Behörden ebenfalls kritisch, auch wenn es sich nicht um Kavaliersdelikte handle: «Es stellt sich die Frage der Verhältnismässigkeit. Man könnte jemand auch ganz normal vorladen für eine Befragung, anstatt am Morgen früh an der Türe zu klingeln.»
Nicht eingeschüchtert
Ein solches Erwachen erlebte auch eine Familie im Baselbiet. Um 5:30 Uhr standen vier Beamte vor der Türe und nahmen den 18-jährigen Sohn fest. Dem jungen Erwachsenen wird neben der Teilnahme an einer illegalen Demonstration vorgeworfen, dass er den Verkehr behindert habe und eine halbvolle Bierdose in Richtung eines Polizisten geworfen habe. «Nachdem ich erfahren habe, was ihm vorgeworfen wird, ist ein solcher Polizeieinsatz für mich übertrieben. Ein solches Erlebnis kann traumatisierend sein.»
Die Aktivistinnen und Aktivisten wollen sich davon indes nicht einschüchtern lassen. Gegen Rechtsextremismus brauche es «ausserparlamentarischen Widerstand auf der Strasse». Sie rufen deshalb bereits zu einer nächsten Demo auf. Diese soll am 22. Juni in stattfinden, wieder unter dem Motto: «Basel bleibt nazifrei.»