Gestern haben die grossen Uhrenfirmen Rolex, Tudor, Chopard, Chanel und Patek Philippe angekündigt, an der nächsten Baselworld von kommendem Januar nicht teilzunehmen und stattdessen ihren eigenen Uhrensalon in Genf durchzuführen. Der Entscheid hat die Messeleitung überrascht. Sie war nicht in die Pläne eingeweiht, die Uhrenmarken haben also hinterrücks agiert, obwohl sie als wichtige Aussteller im entsprechenden Komitee Einsitz hatten, und ihr Wort grosses Gewicht hatte. Die grosse Frage steht nun im Raum: Ist die Baselworld mit diesen Abgängen am Ende. Das unser Angebot zum Thema:
- Baselworld-Chef Michel Loris-Melikoff nimmt im grossen Interview Stellung zum Abgang der fünf grossen Uhrenmarken
- Falls die Baselworld untergeht, liegt der Verlust bei rund einer Milliarde Franken
- Politik verlangt Umbau des Verwaltungsrates der Messe Schweiz - Regierungsrat und Wirtschaftschef Christoph Brutschin hält nichts davon.
Regionaljournal Basel: Herr Loris-Melikoff, ist die Baselworld mit dem Rückzug der fünf grossen Uhrenmarken gestorben?
Michel Loris-Melikoff: Das kann ich im Moment noch nicht sagen, dazu ist es zu früh. Wir müssen zuerst die Lage analysieren und herausfinden, wie sich dieser Entscheid auf die andern Austeller auswirkt, also ob die trotzdem kommen würden oder nun ihr Interesse verlieren.
Aber es könnte das Ende sein…
Ja, es könnte das Ende sein. Es könnte aber auch der Anfang für etwas Neues sein. Ich möchte daran erinnern, dass wir im Schmuck- und Edelsteinbereich über 50% mehr Interessenten haben als im Jahr zuvor.
Wäre das ein möglicher Rettungsanker, dass man sich auf Edelsteine und Schmuck konzentriert?
Wie gesagt, wir müssen das alles analysieren - ob wir uns auf bestimmte Branchen konzentrieren, ob die das interessieren könnte, auch der Januar-Termin steht wieder zur Diskussion.
Gibt es noch Uhrenfirmen, die trotz des Abgangs der fünf Grossen kommen möchten?
Wir haben besorgte Anrufe erhalten, wir haben ermutigende Anrufe erhalten im Sinne von, macht weiter und gebt nicht auf...
Sind Sie jetzt durch den Abgang der fünf Firmen wirklich überrascht worden, oder hat er sich abgezeichnet?
Ich bin überrascht. Wir hatten noch am 27. März eine Sitzung mit allen wichtigen Ausstellern, also auch den fünf, die jetzt gehen. Wir haben mit ihnen den neuen Januar-Termin besprochen, alles lag auf dem Tisch. Wenn sie jetzt sagen, wir hätten den Termin im Alleingang beschlossen, so stimmt das einfach nicht. Sie waren eingeweiht und auch einverstanden.
Letzte Woche wurde auch bekannt, dass einige Uhrenmarken nichts bezahlen wollen für die ausgefallene Baselworld von diesem Jahr.
Es gibt Verträge und darin ist klar geregelt, wieviel jeder Aussteller bezahlen muss, falls die Messe wegen höherer Gewalt nicht stattfinden kann. Bei uns sind bis jetzt 18 Millionen Franken für die Vorbereitungsarbeiten für die diesjährige und dann abgesagte Baselworld angefallen. Unser Vorschlag lautete, dass wir 60% dieser Kosten selber übernehmen, den Rest die Aussteller, verteilt auf die kommenden zwei Jahre. Es gab viele Aussteller, die waren damit einverstanden, einige auch nicht. Ich kann das verstehen, da einige wegen der Corona-Krise selber in Schwierigkeiten geraten sind. Aber dass wir den Löwenanteil der Kosten selber übernehmen, wird in der Diskussion einfach übersehen.
Die Baselworld ist für den Messestandort Basel der wichtigste Anlass im Jahr. Was sagen sie den Hoteliers, Gastounternehmen und sonstwie involvierten Kreisen, dass dieser Anlass möglicherweise für immer wegfällt?
Dass wir weiter darum kämpfen werden, ein attraktiver Standort zu sein. Aber alle werden verstehen müssen, dass wir heute, einen Tag nach der Auszugsankündigung, noch nichts sagen können.
Wann werden sie Konkreteres sagen können?
Ich denke in ein paar Wochen.
Das Gespräch führte Patrick Künzle.