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Abstimmung Kanton Bern 3 von 4 Bernern sagen Ja zum Polizeigesetz

Mit einem Ja-Anteil von 76.4 Prozent nimmt die Berner Stimmbevölkerung das revidierte Polizeigesetz an. Linke und Fahrende sind mit ihrem Referendum unterlegen.

Adrian Wüthrich, SP-Nationalrat und Präsident des bernischen Polizeiverbandes, ist glücklich über die Entscheidung des Berner Stimmvolks: «Das ist ein schönes Resultat für die Polizei.» Die Diskussionen, die das Gesetz ausgelöst hat, seien wichtig gewesen.

Polizeiarbeit wird immer für Diskussionen sorgen.
Autor: Adrian Wüthrich Präsident des bernischen Polizeiverbandes

«Man muss einfach wissen, dass das Polizeigesetz erlaubt, in die Grundrechte einzugreifen», so Adrian Wüthrich, «und es ist ein gutes Zeichen für das Vertrauen gegenüber der Polizei, dass das Gesetz angenommen wurde.» Aber: «Polizeiarbeit wird immer für Diskussionen sorgen.»

Die umstrittenen Punkte des Polizeigesetzes

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Verdeckte Ermittlungen: Die Gegnerinnen und Gegner der Revision stören sich am sogenannten «Schnüffelparagraphen». Dass die Polizei ohne Anfangsverdacht einen Monat lange die Privatsphäre von Leuten observieren dürfe, gehe zu weit.

Für die Befürworter sind verdeckte Vorermittlungen dagegen wichtig, um schwere Straftaten frühzeitig erkennen und verhindern zu können, beispielsweise im Kampf gegen die Pädophilie im Internet.

Wegweisung ausländischer Fahrender: Ein Artikel im revidierten Gesetz soll das ermöglichen. Aus Sicht von Fahrenden-Organisationen steht er in der jahrhundertealten Tradition der Verfolgung und Ausgrenzung von Jenischen, Sinti und Roma.

Die Befürworter beschwichtigen: Eine Wegweisung von einem inoffiziellen Platz sei nur dann möglich, wenn andernorts ein offizieller Transitplatz zur Verfügung stehe. Generell brauche die Polizei mehr Spielraum, wenn Fahrende ohne Einwilligung der Grundeigentümer auf deren Land Halt machten. Die Polizei müsse dabei weiterhin das Prinzip der Verhältnismässigkeit beachten.

Kosten bei Demonstrationen: Veranstaltern von Kundgebungen sollen sich künftig an den Polizeikosten beteiligen, wenn die Demonstration aus dem Ruder läuft. Linke Parteien mahnen, die Meinungsäusserungs- und Versammlungsfreiheit sei dadurch in Frage gestellt. Die Kosten können überwälzt werden, wenn die Veranstalter keine Bewilligung eingeholt oder wenn sie grob fahrlässig gegen Auflagen verstossen haben. Doch die Organisatoren könnten gar nicht sicherstellen, dass sich zum Beispiel niemand vermumme, kritisieren die Referendumsführer.

Aus Sicht der Befürworter sind durch die neue Regelung keine Grundrechte in Frage gestellt. Die Vorgaben des Bundesgerichts würden eingehalten. So sei etwa eine Kostenobergrenze festgeschrieben worden.

Die Grundregeln im Gesetz seien klar definiert, so Wüthrich. Und eine neue Verordnung, die es brauche, werde weiter für Klarheit sorgen.

«Wir wurden nicht nicht gehört»

Christa Ammann, Berner Stadträtin der Alternativen Liste und Mitglied des Referendumskomitees, ist nicht überrascht über die deutliche Annahme des Gesetzes: «Wir wussten bereits beim Lancieren des Referendums, dass es schwierig werden würde.»

Dennoch sei es nicht daran gelegen, dass die Argumente der Gegnerinnen und Gegner des Polizeigesetzes nicht gehört worden wären. «Die Wahrnehmung der Polizei unterscheidet sich an verschiedenen Orten im Kanton Bern.» In der Stadt seien Polizei und Demonstrationen präsenter als auf dem Land.

Wir werden wachsam sein, dass die Menschenrechte eingehalten werden.
Autor: Venanz Nobel Vizepräsident Verein Schäft Qwant

Umstritten war am neuen Polizeigesetz unter anderem ein Artikel, der es der Polizei erlauben soll, Fahrende bei unerlaubtem Übernachten auf privatem und öffentlichem Boden wegzuweisen. «Man muss jetzt schauen, wie relevant der Artikel in der Praxis wirklich sein wird», sagt Regierungsrat und Polizeidirektor Philippe Müller. «Es braucht einige Voraussetzungen, bis er anwendbar ist.»

Venanz Nobel von der Fahrenden-Organisation «Schäft Qwant» akzeptiert den Volksentscheid. «Wir werden aber wachsam sein, dass die Menschenrechte eingehalten werden.» Wie bei jedem Gesetz werde sich in der Praxis weisen, wie der Handlungsspielraum von den Behörden genutzt wird.

Vieles war unbestritten

Unbestritten waren in der Revision etwa Bestimmungen, mit denen die Zusammenarbeit zwischen Kantonspolizei und Gemeinden verbessert und der administrative Aufwand verringert werden soll, aber auch neue Handlungsmöglichkeiten im Kampf gegen Internetkriminalität und bei häuslicher Gewalt.

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