Auf den ersten Blick hat die Aargauer SVP gewonnen: Sie hatte Franziska Roth als «ihre» Regierungsrätin zum Rücktritt aufgefordert. Noch im April hatte Roth sich entschieden gegen diese Forderung gewehrt und ihren Austritt aus der Partei bekannt gegeben. Doch nun gibt die Gesundheitsdirektorin nach. Sie erklärt per Ende Juli tatsächlich ihren Rücktritt.
Verliererin SVP
Doch die SVP kann sich keineswegs als Siegerin fühlen. Denn sie war es, welche die politisch unerfahrene Bezirksrichterin Franziska Roth gegen die Kritik aller anderen Parteien als Regierungsratskandidatin «durchgeboxt» hatte. Die «Affäre Roth» hat zudem gezeigt, dass die Aargauer Kantonalpartei eklatante Führungsschwächen hat.
Die SVP steht politisch auch national unter Druck, ihr drohen bei den Wahlen am 20. Oktober Verluste, wie das SRG-Wahlbarometer zeigt. An diesem Tag findet nun auch die Regierungsratsersatzwahl im Aargau statt. Es ist sehr wahrscheinlich, dass andere Parteien Anspruch auf diesen Regierungssitz erheben und allfällige Kandidaturen der SVP nun ganz kritisch unter die Lupe nehmen. Möglich, dass die SVP den mit Franziska Roth gewonnen zweiten Regierungssitz im Herbst bereits wieder verliert.
Verliererin Franziska Roth
Die Regierungsrätin selbst hat mit ihrem Rücktritt natürlich auch verloren. Roth hatte sich nach aussen stets kämpferisch gezeigt, fühlte sich missverstanden und unterschätzt. Im April hatte sie sogar noch angetönt, dass auch eine Kandidatur für weitere vier Jahre nicht ausgeschlossen sei.
Doch am Ende hat ihr wohl die Kraft gefehlt, um diesen persönlichen Kampf gegen den Rest des politischen Kantons Aargau weiterzuführen. Denn Roth ist seit Tagen krank geschrieben und bleibt dies auch. Sie könne ihre Amtsgeschäfte nicht mehr weiterführen, heisst es in der offiziellen Mitteilung der Regierung.
Verliererin Aargauer Politik
Das ganze Debakel dürfte das Vertrauen der Bevölkerung in die politischen Institutionen im Kanton Aargau kaum stärken. Die Regierung hatte im Frühling angekündigt, dass sie die Situation im Gesundheitsdepartement untersuchen lasse. Diesen Bericht wird sie nun «aufgrund der neuen Ausgangslage» aber nicht veröffentlichen. Damit bleibt wohl für immer unklar, wo genau welche Fehler gemacht worden sind.
Klar ist: Das grosse und wichtige Gesundheitsdepartement wird nun ad interim vom Aargauer Baudirektor geführt, nebenbei quasi. Dazu fehlen weiterhin wichtige Führungspersonen in den Ämtern. Damit bleiben wichtige politische Dossiers wohl weiterhin in der Warteschlaufe.
Und klar ist auch: Die Aargauer Wählerinnen und Wähler wissen nun, dass sie im November 2016 bei den Regierungsratswahlen wohl einen Fehler gemacht haben. Die Verantwortung dafür liegt aber auch bei den Parteien SVP und FDP, welche Roth im zweiten Wahlgang offiziell unterstützt hatten. Es liegt nämlich an den Parteien dafür zu sorgen, dass sie Personen für Regierungsämter vorschlagen, die dieser Aufgabe auch wirklich gewachsen sind.