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Schatzkammer der Schweiz Von der Urversion des Sackmessers bis zum Leichenwagen

850'000 Gegenstände aus mehreren Jahrtausenden lagern im Sammlungszentrum des Bundes. Mitarbeitende zeigen ihre Favoriten.

Münzen, Schwerter, Schuhe, Schlitten, Uhren, Mixer, Gläser, Jasskarten: Im Sammlungszentrum des Bundes in Affoltern am Albis lagern insgesamt 850'000 Gegenstände aus mehreren Jahrtausenden.

Es sind Alltagsgegenstände, aber auch sogenannte Schwellenobjekte. Diese stehen stellvertretend für eine wesentliche Veränderung in der Geschichte, wie zum Beispiel einer der ersten Fünfliber aus dem Jahr 1850 kurz nach der Einführung des Frankens oder das erste Handy der Schweiz von 1973.

Gegenstände auch von Flohmärkten

All diese Gegenstände werden gesammelt, konserviert und aufbewahrt – viel mehr, als jeweils in einem Museum aufs Mal ausgestellt werden kann. So steht das Sammlungszentrum im Dienst von gleich mehreren Schweizer Museen.

Doch wie kommen die Objekte in die Sammlung? Vieles wird dem Museum geschenkt. Zudem erwerben die Kuratoren an Auktionen oder auf Flohmärkten Gegenstände. Auch werden Alltagsgegenstände oder Kleider von heute gekauft, damit für künftige Ausstellungen ein authentisches Bild unserer Zeit entstehen kann.

So spiegelt die Sammlung das kunsthandwerkliche und kulturhistorische Erbe der Schweiz. Wir stellen acht Gegenstände aus dieser riesigen Schatzkammer der Schweiz vor, präsentiert von Angestellten des Sammlungszentrums.

Leichenwagen – Totentransporte bis in die 70er-Jahre

Im grösseren der beiden Wagen können wahlweise ein oder zwei Pferde eingespannt werden. Er hat Platz für zwei Särge und war bis 1967 im Einsatz. Bis in die 1970er-Jahre wurde noch in vielen Schweizer Gemeinden die letzte Fahrt eines Menschen mit solchen Wagen durchgeführt. Der Kutscher lief dabei links neben dem Pferd. Mit dem vorgestellten Exemplar wurde 1963 auch ein Opfer des Flugzeugabsturzes von Dürrenäsch transportiert.

Rokokokleid – wenn Frauen nicht mehr durch die Türe passten

Charakteristisch für die Damenmode in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ist der üppige, ausladende Schnitt und das Muster mit Blumenranken und Streifen. So auch bei diesem Kleid. Vorbild für diesen Stil war die Mode am französischen Hof in Versailles. Je nach Breite eines Kleides konnte es durchaus vorkommen, dass die Trägerin seitlich gehen musste, um durch einen Türrahmen zu passen.

Velosolex – einfach und robust

Das Velosolex wurde ursprünglich in Frankreich entwickelt und produziert. Noch heute wird das Mofa von Lizenznehmern auf der ganzen Welt hergestellt – nach dem Zweiten Weltkrieg bis Mitte der 1950er-Jahre auch in Genf durch die Firma Hispano-Suiza. Das Gefährt ist vor allem wegen seiner Einfachheit und seiner Robustheit sehr beliebt. Seit 2005 gibt es eine elektrisch angetriebene Version. Sämtlichen Varianten, egal aus welcher Zeit, ist eines gemein: der klappbare Motor über dem Vorderrad.

Notzimmer-Mobiliar – ein ganzes Wohnzimmer in einer Kiste

Die Idee der Notzimmergarnitur bestand darin, Kriegsopfern schnell Nothilfe zukommen zu lassen. Das Set bestand aus einer Holzkiste, die sich zu einem Bettrahmen ausklappen liess und in der sich zwei Matratzen, ein Tisch, vier Hocker, ein Schrank und Geschirr befanden. Entworfen wurde die Garnitur von Mauritius Ehrlich, einem Juden, der 1938 von Wien in die Schweiz geflüchtet war. Im Nationalmuseum sind die Möbel im Massstab 1:3 ausgestellt.

Hellebarde – das erste Schweizer Multitool

Die Hellebarde – in der Fachsprache «Hallbarde» – war über Jahrhunderte dieWaffe der Eidgenossen. Mit dieser langen Hieb- und Stichwaffe konnte das Fussvolk erstmals gegen berittene Einheiten kämpfen. Die Eidgenossen erlangten ihren legendären Ruf als Kämpfer durch viele Schlachterfolge mit Hellebarden. Das Nationalmuseum besitzt mehr als 2000 Stück, ein Grossteil davon sind ehemalige Zürcher Zeughaus-Bestände.

Goldschale – 3000 Jahre alt und gut erhalten

Die Goldschale, auf die ein Bauarbeiter 1906 in Zürich-Altstetten gestossen ist, stammt aus der Spätbronzezeit – sie ist also rund 3000 Jahre alt. Die Schale hatte lediglich ein paar Beulen und ein Loch durch den Pickel des Bauarbeiters, konnte aber weitgehend in ihre ursprüngliche Form zurück gebracht werden. Sie hat einen Durchmesser von 25 Zentimetern und ist knapp ein Kilogramm schwer. Wozu die Schale verwendet worden ist, ist nicht bekannt.

Elfenbeinkästchen – biblische Gravuren aus dem Spätmittelalter

Das Schreibkästchen aus Zwetschgenholz und Elfenbein stammt aus dem Jahr 1591. Neben einem integrierten Tintenfässchen bietet es Platz für Feder und Papier. Auf den Seiten sind biblische Motive eingraviert, etwa Adam und Eva im Paradies oder die Arche Noah. Daneben finden sich auch weitere Motive wie Tiere, Spruchbänder oder Schmuckformen aus der Renaissance.

Das Einkaufswägeli – Beginn eines neuen Zeitalters

Ab den 1950er-Jahren verdrängten Supermärkte langsam die Tante-Emma-Läden. Für diesen Wandel steht der Einkaufswagen – ein klassisches Schwellenobjekt also. Ursprünglich aus den USA stammend, verbreitete es sich nun auch in der Schweiz. Denn Kunden mussten im Laden immer grössere Distanzen zurücklegen, das Tragkörbli war unpraktisch geworden. Erstaunlich ist, dass sich das Wägeli seither kaum verändert hat – ausser, dass es grösser wurde.

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