Die bürgerlichen Parteien und die Wirtschaftsverbände fahren bei der Abzocker-Initiative eine Niederlage ein. Das Schweizer Volk sagt deutlich Ja zur Vorlage. Es will hohen Managerlöhnen, Boni und Abgangsentschädigungen einen Riegel schieben.
SVP will Hand bieten
In einer ersten Reaktion zeigte sich Thomas Minder erfreut: «Ich bin froh, dass der lange Kampf vorbei ist», sagte der Schaffhauser Ständerat im Interview mit SRF. Nun beginne aber der Kampf um die Umsetzung. «Man weiss ja, wie zerstritten das Parlament ist», sagte Minder.
Positive Signale dazu kommen aus dem bürgerlichen Lager: So will die SVP dafür sorgen, dass der Wille des Volkes so rasch als möglich umgesetzt wird. Dies sagt SVP-Nationalrat Thomas Aeschi. Die SVP werde Hand dazu bieten.
Den zeitlichen Rahmen dafür schätzt Aeschi auf eineinhalb bis zwei Jahre. Dies würde also heissen, spätestens Anfang 2015 sollte die Initiative im Gesetz verankert sein. Für die Forderung der SP nach einer Bonussteuer bringe die Abzocker-Initiative hingegen keine gesetzliche Grundlage, sagte Aeschi.
«Wir danken Thomas Minder»
Nebst dem Initianten hat die SP für die Initiative geworben. Für SP-Nationalrätin Susanne Leutenegger Oberholzer ist das Ja ein historischer Entscheid. «Wir danken Thomas Minder, dass er uns diese Abstimmung ermöglicht hat», sagte sie gegenüber SRF. Die Bevölkerung habe nun die Quittung erteilt für die Fehler, die in den letzten Jahren passiert seien.
CVP-Nationalrat Gerhard Pfister, der sich gegen die Initiative und für den Gegenvorschlag eingesetzt hatte, gesteht die Niederlage ein. «Eine harte Niederlage, aber keine historische Niederlage.» Viele Fehler hätten die Gegner aber nicht gemacht. «Das Volk hatte einfach genug von dieser Abzockerei», ist auch Pfister überzeugt.
Kein Standort mehr für internationale Unternehmen?
FDP-Nationalrat Fulvio Pelli sieht den Wirtschaftsstandort Schweiz nach dem deutlichen Ja zur Abzocker-Initiative benachteiligt. «Das Interesse von internationalen Unternehmen wird sinken, in die Schweiz zu ziehen», sagte der frühere FDP-Parteipräsident.
An vorderster Front gegen die Initiative hat auch der Wirtschaftsdachverband Economiesuisse gekämpft. Verantwortlich für die Kampagne war Ursula Fraefel. Für sie hat die Niederlage vor allem ein Grund. Das bürgerliche Lager sei zerstritten gewesen.
Gewerbeverband fürchtet sich um KMU
Schliesslich habe auch die Wut in der Bevölkerung eine grosse Rolle gespielt. Dazu hätten auch die Generalversammlungen in den letzten Wochen beigetragen, sagte Fraefel in Anspielung auf die 72-Millionen-Diskussion rund um den abtretenden Novartis-Chef Daniel Vasella.
Indessen fürchtet sich der Gewerbeverband (SGV) um das Wohl der KMU-Wirtschaft in der Schweiz. «Wir fordern, dass die Schweizer KMU nun nicht mit einengenden Regelungen wie etwa einer Bonussteuer belastet werden», sagte SGV-Direktor Hans-Ulrich Bigler.
In der Schweizer KMU-Wirtschaft gebe es nämlich keine Abzocker, erklärte Bigler weiter. Er bedauert die Verfehlungen von einzelnen Managern grosser Unternehmen, die schliesslich zu einer Annahme der Initiative geführt hätten.
Ethos will Elemente des Gegenvorschlags
Die Anlagestiftung Ethos begrüsst die zusätzlichen Rechte für die Aktionäre börsenkotierter Schweizer Aktiengesellschaften, die sie dank dem Ja zur Abzocker-Initiative nun besitzen. Die Stiftung will sich aber dafür einsetzen, dass auch die zentralen Forderungen des Gegenvorschlags bei der Umsetzung berücksichtigt werden.
Ethos hatte im Vorfeld der Abstimmung nämlich den indirekten Gegenvorschlag befürwortet, da dessen Bestimmungen im Bereich Corporate Governance «ausgewogener und wirksamer gewesen wären». Man akzeptiere jedoch das Verdikt an der Urne, schreibt die Stiftung in einer Mitteilung.
Als zentrale Forderungen für die Umsetzung der Initiative betrachtet Ethos etwa die bindende Abstimmung über ein umfassendes Vergütungsreglement durch die Generalversammlung (GV). Unbedingt im Gesetz verankert werden muss gemäss Ethos auch die Verpflichtung des Verwaltungsrats, einen alljährlichen Vergütungsbericht zu erstellen.