Das Wichtigste in Kürze
- Fans von Andreas Gabalier haben von Viagogo falsche Tickets geliefert bekommen. Es handelte sich um ermässigte Kindertickets statt um gewöhnliche Billette.
- Die Ticketplattform missbraucht Kindertickets auch bei den Konzerten von Trauffer im nächsten Frühjahr – für vier Tickets bezahlte ein Fan mehr als 600 Franken, im offiziellen Vorverkauf hätten die Billette nur rund 240 Franken gekostet.
- Auf die Fragen des SRF-Konsumentenmagazins «Espresso» hat Viagogo nicht reagiert.
- Kaufen Sie Konzertkarten nur bei der Vorverkaufsstelle, die vom Veranstalter angegeben ist.
Das jüngste Kapitel in der leidigen Geschichte um die lusche Ticketplattform Viagogo beginnt am 16. Juni 2017: Fans des selbsternannten Volks-Rock’n’Rollers Andreas Gabalier dürfte der Tag noch in bester Erinnerung sein – der österreichische Superstar gab im Kybunpark in St. Gallen ein Konzert.
Mit dabei war auch Daniel R. aus dem Kanton Thurgau. «Das Konzert war eigentlich super», erinnert er sich. Dennoch hat die Veranstaltung einen schalen Nachgeschmack hinterlassen. R. hatte über die Ticketplattform Viagogo zwei Billette gekauft – gewöhnliche Stehplatzkarten, welche im offiziellen Vorverkauf bei Ticketcorner knapp 100 Franken gekostet hätten. Bei Viagogo zahlte R. 140 Franken pro Ticket. Den überteuerten Preis hätte man noch verkraften können, wenn es denn dabei geblieben wäre.
Viagogo liefert Kindertickets
Als die Tickets geliefert wurden, stutzte Daniel R. über den Vermerk «Kinder 5-12 Jahre» und über den aufgedruckten Preis von 54.95 Franken. «Beim Bestellen war nicht ersichtlich, dass es sich um ermässigte Kindertickets handelt.»
Am 16. Juni reiste er mit den zwei Kindertickets im Gepäck zum Kybunpark und wurde prompt beim Einlass zurückgewiesen. «Wir mussten an der Kasse noch einen Zuschlag von 45 Franken pro Ticket bezahlen.» Insgesamt kosteten ihn die zwei bei Viagogo gekauften Gabalier-Tickets also 370 Franken – fast doppelt so viel wie im offiziellen Vorverkauf bei Ticketcorner.
Einlass nur bis zwölf Jahre
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Die Oltener Veranstalterin Stargarage bestätigt auf Anfrage des SRF-Konsumentenmagazins «Espresso», dass beim Andreas Gabalier-Konzert in St. Gallen Dutzende Fans mit Kindertickets oder sogar gefälschten Tickets anbrannten. «Es gab auch Tränen», sagt Geschäftsführerin Astrid van der Haegen. «Da waren Teenager, die ihr ganzes Geld für diese Tickets zusammengekratzt hatten.» Das Problem: Kindertickets gelten nur bis zwölf Jahre. Wer älter ist, muss den vollen Preis bezahlen. Man habe sich aber um Lösungen bemüht: So konnten Besitzer eines Kindertickets wie Daniel R. die Differenz zum Erwachsenenticket begleichen und erhielten doch noch Zutritt.
Gleiche Masche bei Trauffer-Konzerten
Dass es überhaupt ermässigte Kindertickets für Konzerte gibt, ist eine Ausnahme. Veranstalterin Stargarage hat sich bei Andreas Gabalier und bei den Konzerten des Berner Oberländers Trauffer dazu entschieden: «Das sind Konzerte, an denen auch Kinder grosse Freude haben», sagt Geschäftsführerin van der Haegen. Man wolle die Konzerte mit den ermässigten Kindertickets für Familien erschwinglicher machen. «Aber, wenn diese Tickets missbraucht werden, müssen wir uns überlegen, ob wir sie in Zukunft noch anbieten.»
Und dass die ermässigten Konzerttickets missbraucht werden, zeigt auch das Beispiel Trauffer. Bereits haben sich bei Stargarage Personen gemeldet, die von Viagogo über den Tisch gezogen wurden. Geschäftsführerin Astrid van der Haegen sagt: «Ein gewöhnliches Ticket kostet rund 60 Franken. Diese Leute haben für vier Tickets mehr als 600 Franken bezahlt – und haben ermässigte Kindertickets bekommen.» Diese kosten nicht mal 50 Franken pro Stück.
«Fast ausverkauft» stimmt nicht
Die Veranstalterin der Trauffer-Konzerte ärgert sich nicht nur wegen der überhöhten Preise über Viagogo. Die Plattform erweckt nämlich den Eindruck, für Trauffers Auftritte im nächsten Frühjahr gebe es nur noch wenig Tickets. So heisst es etwa bei den Konzerten von Langenthal, Wattwil und Lyss, sie seien «fast ausverkauft» und es seien «nur noch wenige Tickets übrig».
«Das stimmt überhaupt nicht», sagt Astrid van der Haegen. «Die Konzerte werden ziemlich sicher ausverkauft sein, aber frühestens im Oktober. Jetzt schon zu behaupten, sie seien fast ausverkauft, ist Vorgaukeln falscher Tatsachen. Es hat noch ausreichend Tickets für die Konzerte.»
Ticketkauf: Das müssen Sie beachten
Grundsätzlich sollten Sie Konzerttickets sowie Billette für andere Veranstaltungen bei der offiziellen Vorverkaufsstelle beziehen. Diese wird jeweils vom Veranstalter bekannt gegeben. Plattformen wie Viagogo erwecken zum Teil den Eindruck, sie seien offizielle Vorverkaufsstellen. Tatsächlich handelt es sich aber um Ticketbörsen, über welche Private Tickets verkaufen, die sie selber nicht brauchen. Die Vermutung liegt allerdings nahe, dass Strohmänner die Tickets kaufen, nur um sie zu einem überhöhten Preis auf Viagogo weiterzuverkaufen. Über diese Praktiken haben «Espresso» und «Kassensturz» schon mehrfach berichtet.