Der Verzehr von verarbeitetem Fleisch wie Würsten schadet laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) der Gesundheit. Der regelmässige Konsum erhöhe das Risiko für Darmkrebs, und zwar um 18 Prozent je 50 Gramm täglich, so die Organisation.
In der Schweiz sind aber Wurstwaren, überhaupt Fleisch, sehr beliebt: Die Schweizer essen sogar doppelt so viel wie gesund wäre. Sollte der Bund deshalb Präventionsmassnahmen wie bei Tabak und Alkohol ergreifen? Und wären solche eine notwendige Gesundheitsförderung, oder ein Eingriff in die persönliche Freiheit? Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung diskutieren in der Arena den Sinn von Präventionsmassnahmen beim Fleischkonsum.
Polarisierende WHO-Studie
Die Studie der WHO zum krebserregenden Potenzial hat in der Schweiz hohe Wellen geschlagen und zahlreiche Menschen verärgert, so auch den Ständerat Joachim Eder (FDP/ZG): «So einfach wie in der Studie dargestellt ist es nicht. Die Information verunsichert die Menschen.» Für den Präsidenten «IG Freiheit», Nationalrat Gregor Rutz (SVP/ZH) steht fest, dass es bei der Studie hauptsächlich um Bevormundung geht: «Ich aber brauche keinen Beamten, der mich an die Hand nimmt», so Rutz.
Auch der Direktor des Schweizer Fleisch-Fachverband, Ruedi Hadorn, geht mit der Studie hart in Gericht: «Es ist unklar wie die Ergebnisse statistisch zustande kamen. Die behauptete Ursache-Wirkung-Relation lässt sich nicht beweisen.» Dem hält der Präsident des Verbands Swissveg entgegen: «An der Studie waren sogar Schweinemäster und Rinderzüchter beteiligt. Die Ergebnisse sind nicht neu und wissenschaftlich belegt.»
Mass halten
In einem sind sich die verschiedenen Arena-Gäste einig: Beim Fleischessen ist das Mass entscheidend. Gemäss Eder gehe es nicht darum ein Lebensmittel zu verbieten. Auch Rutz ist von einer ausgewogenen Ernährung überzeugt: «Man sollte nicht jeden Tag 10 Kilogramm Fleisch essen. Aber man sollte aus dem Essen auch keine Religion machen.»
Auch für Pichler steht eine vielseitige Ernährung im Mittelpunkt. Allerdings: «Man kann sich auch ohne Fleisch gesund und vielseitig ernähren. Es wird aber schwierig genügend Früchte und Gemüse zu essen, wenn der Teller mit Fleisch und Milchprodukten überfüllt ist.»
Soll der Staat eingreifen?
Bei der Frage, ob es auch beim Fleischkonsum staatliche Prävention bräuchte, scheiden sich die Geister. Rutz fordert linientreu mit der SVP eine Halbierung der Bundespräventionen: «Es braucht zwar Prävention, aber nicht vom Bund.»
Anders sieht dies Eder. Eine Halbierung des Präventionsbudgets würde längerfristig höhere Kosten nach sich ziehen. Heute mache die Prävention nur 2,3 Prozent der Gesundheitskosten aus. Die Kosten bei der reparativen Medizin seien ungleich höher. Aber dies würde niemanden stören, so Eder.
Umstrittene Massnahmen
Bei Tabak- und Alkoholkonsum gibt es in der Schweiz schon Präventionsmassnahmen. Wie Thomas Beutler von der Eidgenössischen Kommission für Tabakprävention erklärt, geht es dabei hauptsächlich um Aufklärung.
Rutz stört sich an den volkwirtschaftlichen Schäden, die durch die Präventionsmassnahmen entstehen. Dem hält die Vizedirektorin des Bundesamt für Gesundheit BAG, Andrea Arz de Falco, entgegen: «Durch den Tabakkonsum entstehen Kosten in Höhe von 5,6 Milliarden Franken. 1,7 Milliarden trägt das Gesundheitssystem. 3,9 Milliarden aber muss die Wirtschaft aufgrund der Arbeitsausfällen, Frühpensionierungen und Invalidität berappen.»
Geteilter Meinung sind die Arena-Teilnehmer schliesslich auch bei der Wirksamkeit einzelner Präventionsmassnahmen. Ruedi Löffel, Leiter Suchtprävention Blaues Kreuz Bern, ist überzeugt, dass der Alkoholismus mit höheren Preisen, einem Nachtverkaufsverbot und einem konsequent umgesetzten Jugendschutz bekämpft werden könnte. Für Ernest Dällenbach, Zentralsekretär Schweizer Spirituosenverband, hingegen steht fest, dass ein Nachtverkaufsverbot lächerlich ist: «Das ist nicht Prävention. Das ist Bevormundung», so Dällenbach.