Was tun, wenn man keine bundesrätliche Strategie sieht? Selber in die Offensive gehen. In diesem Sinne beantragte eine Mitte-Links-Mehrheit der Aussenpolitischen Kommission des Nationalrates die Zahlungen an die EU zu verdoppeln. Das hätte ein Befreiungsschlag werden sollen.
Die Mehrheit der APK wollte so ein Signal der Entspannung aussenden und sie hoffte, dass sich mit dieser Zahlung die Türen zum EU-Forschungsprogramm Horizon öffnen würden. Doch scheiterte das Anliegen an einer fast geeinten Mitte-Rechts-Mehrheit im Nationalrat. Das war zu erwarten – und trotzdem war die Debatte heute im Nationalrat erhellend und hat der Entscheid wohl weitreichende Konsequenzen.
Maurer: Das Parlament hat auch keine Strategie
Die Debatte war erhellend, weil Finanzminister Ueli Maurer im Namen des Bundesrates in seinem 90 Sekunden Statement zwei Bemerkungen platzierte, die es in sich haben – und nicht, weil die Parlamentarierinnen und Parlamentarier mit neuen Erkenntnissen aufwarteten.
Zum einen hielt Bundesrat Maurer denjenigen entgegen, die die Kohäsionsmilliarde für die EU aufstocken wollten: «Sie haben dem Bundesrat vorgeworfen, er hätte keine Strategie. Wenn sie dem Kredit zustimmen, würde ich sagen, dann haben sie auch keine Strategie, weil die Beziehungen zur EU sind doch etwas komplizierter als eine dritte Kohäsionsmilliarde.»
Interessant in diesem Statement ist das Wörtchen auch. Wenn er den Befürworterinnen und Befürwortern vorwirft, dass «auch» sie keine Strategie hätten, bestätigt er vor allem, dass eben auch der Bundesrat keine Strategie hat.
Weitere Milliarde reicht nicht für Horizon-Teilnahme
Und erhellend war das Statement von Bundesrat Ueli Maurer zum anderen, weil er auch noch folgendes sagte: «Ich habe Angst, dass wir uns mit einer solchen Aufstockung in Brüssel eher blamieren. Weil die Erwartungen in Brüssel sind völlig anderer Natur, als hier einfach etwas zu bezahlen und dann läuft alles. Vor allem würden wir mit Sicherheit dieses Horizon nicht bekommen, wenn sie das aufstocken.»
Bis anhin argumentierte vor allem die rechtsbürgerliche Seite, dass die letzte frei gegebene zweite Kohäsionsmilliarde ein positives Zeichen der Schweiz sei, weshalb sich Brüssel nun bewegen müsse. Die EU selber wies das immer zurück, sie sah in der zweiten Kohäsionsmilliarde eine alte Schuld der Schweiz. Und wenn jetzt selbst ein SVP-Bundesrat das Parlament daran erinnert, dass selbst eine dritte Kohäsionsmilliarde die Haltung der EU nicht verändern dürfte, hat das eine ganz andere Bedeutung.
Damit erinnert er vor allem seine eigenen Leute daran, dass sich die Schweiz schon substanzieller bewegen müsse, wenn sie etwa bei der europäischen Forschungszusammenarbeit mitmachen wolle.
In der Verantwortung steht der Bundesrat
Bundesrat Maurer dürfte es mit seinem Statement manchen Parlamentarierinnen und Parlamentariern einfach gemacht haben, den Antrag abzulehnen. Das Problem dabei ist einfach, dass auch dieses Nein ein Signal nach Brüssel aussendet, dass die Schweiz nämlich nicht mehr bezahlen will.
Die Folge dürfte sein, dass eine Teilnahme an Horizon in weitere Ferne gerückt ist. Das will niemand. Umso mehr reibt man sich die Augen, wie sich die Schweiz in diese Situation hineinmanövriert hat.
Der ungestümen Aussenpolitischen Kommission die Schuld zu geben, wäre zu einfach. In der Aussenpolitik steht eigentlich der Bundesrat in der Verantwortung. Das Problem beginnt, wenn er diese nicht sichtbar wahrnimmt.