«Ich bin total am Boden zerstört», erzählt die eritreische Asylbewerberin Merhauit der «Rundschau». Sie habe grosse Angst vor einer Rückkehr nach Eritrea. «Ich befürchte, dass ich im Gefängnis lande oder sonst irgendwo weggesperrt werde», sagt die junge Frau. Sie hat einen negativen Asylentscheid erhalten. Der Bund will ihr auch keine vorläufige Aufnahme gewähren, wie sie die meisten Eritreer erhalten. Für Merhauit sei eine Rückkehr nach Eritrea «nicht unzumutbar», so der Asylentscheid, der der «Rundschau» vorliegt.
Sommaruga sprach sich gegen Rückführungen aus
Laut Stefan Frey von der Schweizerischen Flüchtlingshilfe handelt es sich nicht um einen Einzelfall. Solche Fälle würden zunehmen, weil der Bund strenger geworden sei: «Wir gehen davon aus, dass das Staatsekretariat für Migration (SEM) den Ermessenspielraum bei solchen Fällen eher zu Ungunsten der eritreischen Asylbewerber auslegt», sagt Frey.
Das erstaunt: Noch im Sommer hatte Bundesrätin Simonetta Sommaruga gegenüber den Medien erklärt: «Klar ist, dass man Menschen nicht nach Eritrea zurückschicken kann.» Es handle sich dort um eine Diktatur.
Doch jetzt erhalten immer mehr Eritreer einen Wegweisungsentscheid und müssen zurück in ihre alte Heimat.
230 Fälle: ein neuer Höchststand
2015 hat das SEM bei 230 Asylbewerbern aus Eritrea eine Wegweisung verfügt. Im Vergleich zu den Vorjahren ist das eine deutliche Zunahme: 2014 haben 149 Asylbewerber einen solchen Bescheid erhalten. 2013 waren es 68 und 2012 sogar nur 24 Fälle.
«Dass diese Zahlen angestiegen sind, hat schlicht damit zu tun, dass wir mehr Gesuche erhalten und mehr bearbeitet haben», erklärt SEM-Sprecherin Lea Wertheimer. «Wir haben unsere Praxis gegenüber Eritreern nicht verändert», widerspricht Wertheimer der Flüchtlingshilfe. Aber wenn jemand keiner Gefährdung ausgesetzt sei, dann müsse er die Schweiz verlassen. Auch nach Eritrea.
Keine Zwangsausschaffungen
Weil Eritrea nicht kooperiert sind keine Zwangsausschaffungen in das ostafrikanische Land möglich. Die abgewiesenen Asylbewerber können also nicht mit Zwang zurückgeführt werden. Sie haben aber auch kein Bleiberecht in der Schweiz: «Das Gesetz ist ganz klar, sie müssen die Schweiz verlassen», betont SEM-Sprecherin Lea Wertheier. Würden sie in der Schweiz bleiben, hätten sie nur Anrecht auf Nothilfe.
Die Schweizerische Flüchtlingshilfe kritisiert diese Praxis. Diese Politik führe dazu, dass vielen nur noch ein Leben in der Illegalität bleibe oder die Flucht ins Ausland. «Dann exportiert die Schweiz das Problem einfach», so Stefan Frey.