Wer die «Coop-Zeitung» erhält, ist Genossenschafter des Detailriesen. Schweizweit gibt es zweieinhalb Millionen davon. Diese wählen etwa die sechs Regionalräte von Coop. Nur weiss das wohl kaum eine Genossenschafterin: Mangels Gegenkandidaturen geschieht dies seit Jahrzehnten in stiller Wahl. Der Verein «Detailwandel» wollte dies ändern. Für die aktuellen Regionalratswahlen hat er 500 Kandidierende gesucht. In Kürze wollte er mit der Unterschriftensammlung beginnen.
Die Kriterien dafür waren schon bisher streng. Für eine eigene Wahlliste brauchte man die Unterschrift von zwei Prozent der Genossenschaftsmitglieder einer Region. Raffael Wüthrich, Co-Präsident von «Detailwandel» sagt im SRF-Konsumentenmagazin «Espresso», dass ihr Verein in fünf der sechs Regionen antreten wollte: «Wir hätten dafür innerhalb von 30 Tagen rund 55'000 Unterschriften sammeln müssen.»
Strenger als eine Volksinitiative
Offenbar wurde der Coop-Verwaltungsrat nervös. Am 23. September hat er das Wahlreglement massiv verschärft. Neu benötigt eine Wahlliste die Unterschrift von sechs Prozent der Genossenschafter. Die Sammelfrist wurde auf 15 Tage verkürzt. Zum Vergleich: Für eine eidgenössische Volksinitiative braucht man 100'000 Unterschriften in 18 Monaten. Für Wahllisten in allen Coop-Regionen sind es 150'000 in rund zwei Wochen.
Unter diesen Umständen sei die Unterschriftensammlung unmöglich, stellt Raffael Wüthrich fest: «Der Verwaltungsrat sagt damit klipp und klar, dass Coop nichts mehr mit einem demokratischen Unternehmen zu tun hat.» Er wolle keine Mitsprache von Mitarbeitenden, Produzentinnen und Konsumenten. Der Verein «Detailwandel» vergleicht das Vorgehen mit demjenigen des belarussischen Diktators Lukaschenko.
Wüthrich sagt, «Detailwandel» habe Coop «von innen heraus verbessern» wollen. Zum Beispiel mit einer konsequenten Klimastrategie, besseren Arbeitsbedingungen und fairen Preisen für Konsumierende und Produzierende.
Coop will nichts gewusst haben
Coop will nichts von den geplanten Kandidaturen von «Detailwandel» gewusst haben und verneint einen Zusammenhang mit der Anpassung des Wahlreglements. Dieses werde vor Wahlen routinemässig überprüft: «Der Verwaltungsrat hat dem Umstand Rechnung getragen, dass sich die Zahl der Coop-Mitglieder in den letzten 20 Jahren beinahe verdoppelt hat», heisst es auf Anfrage. Elektronische Hilfsmittel würden die Mobilisierung von Wählern und das Sammeln von Unterschriften stark vereinfachen. Deshalb verhindere Coop auch keine anderen Wahllisten.
Coop kritisiert, der Verein «Detailwandel» habe nie das Gespräch gesucht. «Die radikalen Forderungen und der Versuch, Kontrolle über Coop zu gewinnen, wertet Coop als ein unfreundliches und nicht haltbares Vorgehen.» Das ziele darauf ab, Coop in eine instabile Lage zu versetzen und wirtschaftlich zu schädigen. Jedes Coop-Mitglied habe die Chance, sich für den Regionalrat zu bewerben. Alle Kandidaten, die sich im Vorfeld melden, würden zur Aufnahme in die offizielle Wahlliste geprüft.