Es lief grad so gut. Es waren die fetten Jahre. 12 Jahre lang hatte das Land Überschüsse gemacht und 30 Milliarden Schulden abbezahlt.
Serge Gaillard, der Direktor der eidgenössischen Finanzverwaltung, beschloss, seine Pensionierung etwas zu verschieben. Im Frühling 2021 wollte er eine geordnete Übergabe eines intakten Finanzhaushalts machen.
Der Bund hat die Einkommen der Menschen im Land gesichert.
Am 22. Februar sitzt er im Radiostudio für die «Samstagsrundschau». Gaillard verteidigt die Finanzpolitik des Bundes, erklärt, warum es sinnvoll gewesen sei, in guten Zeiten Schulden abzubauen: «Es kommen dann wieder einmal schlechtere Zeiten. Und dann hat man einen grösseren Handlungsspielraum, wenn man weniger verschuldet ist».
3 Tage später beginnen die schlechteren Zeiten. Die Schweiz hat den ersten bestätigten Corona-Fall. Gut drei Wochen später erklärt der Bundesrat die ausserordentliche Lage und fährt – für den Schutz vor der Epidemie – die Schweiz herunter.
Das kostete bis heute mehr als 30 Milliarden Franken. «Der Bund ist für die Wirtschaft eingesprungen. Er hat mit dem Geld vor allem die Einkommen der Menschen im Land gesichert», so Gaillard rückblickend, «das waren ausserordentliche Ausgaben in ausserordentlichen Zeiten».
Mit Krediten Firmen gerettet
Bei diesen gut 30 Milliarden wird es nicht bleiben. Bis zu 40 Milliarden Franken garantiert der Bund an Krediten für von den Corona-Massnahmen gebeutelte Unternehmen. Noch sind erst Kredite in der Höhe von etwa 15 Milliarden vergeben worden.
Und auch wenn es noch mehr werden sollten, Finanzminister Ueli Maurer geht davon aus, dass die meisten dieser zinslosen Darlehen zurückbezahlt werden und so dem Bund keine Kosten entstehen. Allerhöchstens 10 Prozent der gesamten Summe – das wären 4 Milliarden – werde sich der Bund ans Bein streichen müssen, rechnet Maurer.
Woher kommt das viele Geld?
Um an das viele Geld zu kommen, muss sich die Schweiz verschulden. Und hier kommt ihr der ausgezeichnete Finanzhaushalt der letzten Jahre zugute: Dank der Schuldenbremse (siehe Erklärvideo unten), die in guten Jahren zu Überschüssen zwingt und nur in schlechten Jahren mehr Ausgaben ermöglicht, steht die Schweiz als guter Schuldner da, als einer, dem der Gläubiger gerne sein Geld ausleiht.
Darum zahlen Pensionskassen, Versicherungen aber auch Privatpersonen aus dem In- und Ausland für 10-jährige Darlehen, für die Bundes-Obligationen, sogar einen Negativ-Zins, ein halbes Prozent, damit sie der Schweiz Geld leihen können. «Das sind Anleger, die ihr Geld einfach sehr sicher investieren wollen. Für uns bedeutet das, wir bekommen das Geld nicht nur problemlos, wir verdienen sogar noch ein bisschen daran», erklärt Gaillard.
Schulden abstottern, aber wie?
Und trotzdem ist es für das Finanzdepartement keine Option, diese Schulden einfach stehen zu lassen. Zu unsicher ist die Zukunft: Das Zinsumfeld kann sich verändern.
Und eine höhere Schuldenlast verschlechtert das Image als Schuldner und – so der Chef-Kassenwart Gaillard: «Es gibt immer wieder Krisen. Es wird auch nach Corona Krisen geben. Und darum wollen wir die Schulden abbauen. Nur dann können wir uns mit gutem Gewissen in einer kommenden Krise wieder verschulden.»
Drei Varianten gibt es – grob skizziert – für den Weg aus den Corona-Schulden. Die harte Tour, die weiche Tour und – an sich beliebig variierbare – Wege dazwischen.
Vieles deutet darauf hin, dass sich der Mittelweg durchsetzen könnte. Auch Ueli Maurer, ein Freund des oben erwähnten Thomas Matters, denkt selbst in diese Richtung und fasst eine Frist von 15 Jahre ins Auge, um die auf 30 Milliarden Franken geschätzten Schulden abzustottern.
Dafür will er nicht nur Geld aus dem ordentlichen Budget verwenden, sondern auch fix die jährliche Gewinnausschüttung der Nationalbank einsetzen – das sind zwischen 300 Millionen und 1.3 Milliarden Franken pro Jahr. Nachteil: Dieses Geld fehlt dann in der Bundeskasse für andere Wünsche. Vielleicht darum ist Maurer mit diesem Vorschlag bei seinen Kollegen dem Vernehmen nach erst mal aufgelaufen.
Weitere finanzielle Corona-Folgen
Die Wirtschaftskrise, in die uns Corona gestürzt hat, wird aber auch Auswirkungen auf die Finanzen in den Kantonen und Gemeinden haben – und das desto mehr, je länger die Rezession dauert.
Hohe Arbeitslosigkeit führt zu tieferen Einkommen. Das führt zu weniger Steuereinnahmen auf allen staatlichen Ebenen. Und bleiben viele Menschen lange Zeit arbeitslos, landen sie in der Sozialhilfe.
Diese Kosten tragen die Kantone und Gemeinden und das kann diese in finanzielle Schieflage bringen. Gut möglich also, dass die Nach-Corona-Zeit Sparrunden bringt, die wir dann ganz konkret zu spüren bekommen.