Das Ja der Briten zum Brexit hat im Juni politische Schockwellen in ganz Europa ausgelöst. Hierzulande gab es aber auch Stimmen, die den Brexit als Chance für die Schweiz bezeichneten. Ihnen widerspricht Denis MacShane entschieden.
«Der Brexit hat die Situation für die Schweiz zusätzlich erschwert», sagt der frühere britische Parlamentarier und Europaminister MacShane. Das Verhältnis zu Europa bereite ihr immer mehr Kopfschmerzen.
Die Schweiz war auf gutem Weg zu einer raschen Lösung. Doch die Brexit-Abstimmung hat die Gewichte plötzlich verschoben.
Nun ist es laut MacShane wahrscheinlich, dass sowohl die Schweiz wie auch Grossbritannien noch während Jahren in einer europäischen Sackgasse stecken bleiben.
In der Schweiz glauben einige Parteien und Politbeobachter, es könnte für die Schweiz ein Vorteil sein, dass auch Grossbritannien sein Verhältnis zu Europa in Verhandlungen neu regeln muss. Es gibt sogar Stimmen, die sich eine enge Zusammenarbeit zwischen London und Bern wünschen.
Ich rate der Schweiz ernsthaft davon ab, zusammen mit Grossbritannien zu verhandeln.
MacShane, der 15 Jahre in der Schweiz gelebt hat, glaubt nicht, dass es so weit kommen wird. Die Situation der Schweiz unterscheide sich zu sehr von jener der Briten. «Die Schweiz soll in Ruhe ihre eigenen Verhandlungen weiterführen. Grossbritannien muss seinen eigenen Weg finden.»
MacShane hat sich in der Brexit-Kampagne vehement für den Verbleib Grossbritanniens in der EU eingesetzt, gleichwohl hat er auch das Ja des Volkes zum Austritt in einem Buch vorausgesagt.
Der Brexit ist eine Katastrophe – für Grossbritannien und für Europa.
Die Nein-Kampagne habe den Leuten viel versprochen und ihnen auf diese Weise den Austritt schmackhaft gemacht. Jetzt ist das Urteil des 68-Jährigen eindeutig: «Der Brexit ist eine Katastrophe – für Grossbritannien und für Europa.» Seit 500 Jahren sei Grossbritannien mit Europa eng verbunden. Diese Beziehungen könne man nicht einfach so kappen.
Zuversichtlich stimme ihn, dass sich die öffentliche Meinung in Grossbritannien seit der Brexit-Abstimmung etwas verschoben habe. «Vielen Bürgern ist klar geworden, dass nicht alle Versprechen der Brexit-Befürworter eingehalten werden können.»
Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen
MacShane, der klar im Pro-Europa-Lager steht, ist deshalb überzeugt, dass das letzte Wort über den Austritt von Grossbritannien aus der EU noch nicht gesprochen ist. «Ich hoffe, dass die britische Bevölkerung ihre Meinung zu Europa noch ändert.» Wie es weitergeht, sei offen. Ein politischer Austritt aus der EU werde wahrscheinlich folgen. Aber MacShane ist überzeugt, dass «das Spiel» noch nicht zu Ende ist.
Sein Feuer für Europa hat MacShane jetzt wieder in die Schweiz geführt. Am Montagabend wird er einen Vortrag in Luzern halten. Und am Dienstag trifft sich der umtriebige MacShane mit Vertretern des Schweizer Aussendepartements. Ihr Gesprächsthema wird Europa sein.