Die Menschen im bündnerischen Bondo können weiterhin nicht in ihre Häuser zurück. Die Schäden im Dorf nach dem gewaltigen Murgang sind zu gross.
Zwar hatten die Bündner Behörden nach eigenen Angaben mit Abbrüchen am Berg gerechnet – nicht aber damit, dass sich das Material zusammen mit Wasser zu einer Schlammlawine entwickelt. Die Behörden hätten die Situation im Vorfeld falsch eingeschätzt. Dies gab der zuständige Regierungsrat Mario Cavigelli am Rande einer Informationsveranstaltung für die betroffene Bevölkerung erstmals zu.
Die politische Verantwortung ist in einem solchen Ereignis geteilt – typisch schweizerisch.
SRF News: Hatten Sie in Ihrer Gefahrenanalyse damit gerechnet, dass ein Murgang gleichzeitig mit dem Bergsturz stattfinden kann?
Mario Cavigelli: Die Fachleute des Amtes für Wald und Naturgefahren haben nicht mit einer Entwicklung eines Murganges gerechnet. Wir haben seit sechs, sieben Jahren unter strengster Beobachtung gerechnet, was wo wie abbrechen könnte als Bergsturz. Aber dass es gleichzeitig viel Wasser gibt, das diese trockene Abbruchmasse bewegen und so einen Murgang weiterentwickeln könnte – damit haben wir nicht gerechnet.
Wieso kam es zu dieser Fehleinschätzung?
Wir wissen noch nicht, weshalb dieser Murgang nicht vorausgesehen werden konnte. Man muss aber wissen: Wir befassen uns seit 2011 intensiv mit diesem Piz Cengalo. Man hat die Abbruchmengen bei diesem Bergsturz ziemlich genau vorhergesehen und konnten die Gemeinde ziemlich exakt beraten. So hat man beispielsweise ein Geschiebeauffangbecken gebaut – teilweise gegen den Willen der Bevölkerung. Wir haben hier auf viel Support und Verständnis der Gemeindebehörden zählen können. Nach unserer Auffassung hat die Gemeindebehörde ihre Arbeit richtig gemacht.
Acht Menschen sind wahrscheinlich tot. Trifft Sie als Regierungsrat auch politische Verantwortung, weil diese Gefährdungsanalyse nun in diesem Fall nicht genau zutraf?
Die politische Verantwortung ist in einem solchen Ereignis geteilt – typisch schweizerisch. Die Zuständigkeit liegt primär bei der Gemeinde; der Kanton berät die Gemeinden in diesen Fragen. Es gibt einfach immer Risiken, wenn man sich im Gebirge bewegt – vor allem im Hochgebirge. Auf diese Risiken hat man seitens der Gemeinde aufmerksam gemacht. Weder die Gemeinde noch den Kanton trifft hier eine politische und schon gar nicht eine rechtliche Verantwortung. Diese Fragen müssen nun die Strafbehörden beantworten, die diesen Fall zwingend untersuchen.
Das Gespräch führte Stefanie Hablützel.