In Krisenzeiten sind souveräne Krisenmanager gefragt. Zuletzt eindrücklich demonstriert im terrorgeschockten Frankreich, wo sich die Zustimmungswerte des gerade noch ungeliebten Präsidenten François Hollande schlagartig verdoppelten.
Hierzulande bringen im Wahljahr 2015 die Auswirkungen der Frankenstärke Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann in die Position, sich profilieren zu können.
Politologe Mark Balsiger sieht insbesondere in Schneider-Ammanns Vergangenheit als Unternehmer grosses Potential, nun im Kampf für den Werkplatz Schweiz als kompetenter Krisenmanager aufzutreten. Gelinge ihm dies, könnte bei den Parlamentswahlen auch die FDP profitieren.
Kann Schneider-Ammann den zweiten FDP-Bundesratssitz retten?
Wie’s geht, hat eben erst Schneider-Ammanns Parteifreund Didier Burkhalter vorgemacht. Zu Beginn seiner Amtszeit hätte dieser noch als politisch beinahe unsichtbar in der Kritik gestanden, sagt Balsiger. In seiner Zeit als OSZE-Vorsitzender sei der Aussenminister dann insbesondere auch in der öffentlichen Wahrnehmung über sich hinausgewachsen.
Gelinge Schneider-Ammann in den kommenden Monaten Ähnliches, könnte ihm dies gar seinen Bundesratssitz retten. Die Abwahl eines populären und bewährten Magistraten könnte sich die Bundesversammlung nur schwer erlauben.
Für Schneider-Ammann wird's ganz schwierig
Erste Schritte, die Suche nach Lösungen aktiv zu gestalten, hat Schneider Ammann bereits eingeleitet. Er sei daran, ein Programm aufzusetzen, um die Kosten zu senken und die Effizienz zu fördern. Das sagte der Wirtschaftsminister vergangene Woche am WEF in Davos. Es werde auch einen runden Tisch geben mit Firmen und Verwaltungen.
Allein, es fehlt so manchem Beobachter der Glaube, dass der Wirtschaftsminister die Chance zur Profilierung überhaupt packen kann. Politologe Louis Perron traut Schneider-Ammann die Rolle als souveräner Krisenmanager nicht zu. Zu zögerlich und passiv sei dieser bereits in der schwierigen Phase vor der Einführung des Euro-Mindestkurses durch die SNB aufgetreten. Genauso wenig sei vom Wirtschaftsminister im Vorfeld der Masseneinwanderungs-Initiative gekommen. «Schneider-Ammann war noch nie ein grosser Kommunikator. Das wird sich auch in der aktuellen Situation kaum ändern», sagt Perron.
Als ehemaliger Industriepatron sei Schneider-Ammann persönlich viel näher an den derzeitigen Problemen der Schweizer Wirtschaft als an anderen Themen, hält Politologe Mark Balsiger entgegen. Auch er sieht jedoch die Kommunikation als das grosse Problem des ehemaligen Swissmem-Präsidenten: «Es nützt nichts, das Richtige zu machen, wenn man's dann nicht gut kommuniziert».
Die Chance kann zur Gefahr werden
Gerade in der aktuellen Situation gebe es keine einfachen Lösungen. Da sei eine überzeugende und souveräne Kommunikation eines der wichtigsten Profilierungskriterien, sind sich die beiden Politologen einig. Johann Schneider-Ammann müsste in diesem Punkt über sich hinauswachsen, um politisch gestärkt aus der Krise hervorzugehen.
Insofern ist der Umgang mit der Währungskrise für Schneider-Ammann auch eine Gefahr. Tritt er nicht als gewandter Kommunikator auf und verschärft sich gleichzeitig die Lage der Schweizer Wirtschaft, droht dies direkt auf ihn zurückzufallen. «Steigen bis im Herbst die Arbeitslosenzahlen deutlich an, könnte dies die Linke dazu nutzen, eine Kampagne gegen Schneider-Ammann zu fahren», meint Mark Balsiger. Das könnte den zweiten FDP-Sitz im Bundesrat noch stärker ins Wackeln bringen.