Am 7. Februar 2018 überraschte Claudia Nielsen (SP) alle. Mitten im Wahlkampf kündigte die damalige Vorsteherin des Stadtzürcher Gesundheitsdepartements an, nicht mehr anzutreten. Bis zum Wahltag dauerte es keinen Monat mehr.
Zuvor war Nielsen schon länger massiv kritisiert worden. Unter anderem, weil die Stadtspitäler Triemli und Waid finanziell angeschlagen waren. In verschiedenen Interviews zeigte sie sich trotzdem zuversichtlich, was ihre Wiederwahl anging.
Nachdem die städtische Finanzkontrolle beim Triemli jedoch fragwürdige Verbuchungen und Verwendungen von ärztlichen Honoraren festgestellt hatte, entschied sich Nielsen zu ihrem Rücktritt.
Nicht das gewünschte Ende
Nun, sechs Jahre später, sagt Claudia Nielsen: «Es war die beste Lösung.» Auch wenn sie wiedergewählt worden wäre, hätte sie politisch keine Mehrheiten mehr gefunden, sagt sie. Deshalb sei es besser gewesen, Platz zu machen für jemanden Neuen.
Natürlich habe ich mir meinen Abgang anders vorgestellt.
Trotzdem sei die Zeit ihres Rücktritts «recht heftig» gewesen. «Natürlich habe ich mir meinen Abgang anders vorgestellt», sagt Nielsen. Vom vollen Betrieb auf null umzustellen, sei nicht einfach gewesen.
Ablenkung holte sich Nielsen 2018 auf einer dreimonatigen Wanderung vom Wallis bis ans Mittelmeer. Es habe ihr geholfen, den Übergang gestalten zu können. Jedoch habe sie feststellen müssen, dass es mehr Zeit brauche, um den Rücktritt zu verdauen. Nielsen sagt: «Die drei Monate haben dann noch nicht gereicht.» Mittlerweile seien die Wunden aber fast verheilt.
Ein neues «Herzensprojekt»
Claudia Nielsen hat eine neue Rolle gefunden. Sie ist jetzt Geschäftsführerin einer neuen Alterssiedlung in Zürich Wollishofen. Ein Wohnprojekt, das sich an über 55-jährige Zürcherinnen und Zürcher richtet. Im Februar ziehen die ersten Leute ein. Ein «Herzensprojekt», wie Nielsen selbst sagt.
Die Bewohnerinnen und Bewohner bilden eine Hausgemeinschaft und organisieren sich zusammen. Dank der eigenen Wohnung hat aber jede und jeder auch den eigenen Raum, um sich zurückzuziehen. Wer einziehen will, soll offen sein für verschiedene Lebensweisen und ohne Auto leben. Trotzdem: «Die Leute, die hier einziehen, sind sehr verschieden», sagt Nielsen.
Wenn die Stiftung eine weitere bezahlbare Liegenschaft findet, will sie später ein zweites Projekt starten.