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Ehen von Minderjährigen Bundesrat verlängert Klagefrist für minderjährig Verheiratete

Wer minderjährig heiratet, soll sich neu bis zum Alter von 25 wehren können. Der Bundesrat räumt mehr Bedenkzeit ein.

In der Schweiz ist Heiraten unter Minderjährigen verboten. Werden Jugendliche aber im Ausland verheiratet, wird die Ehe häufig anerkannt. Nun sollen laut Bundesrat Betroffene länger Zeit haben, um ihre Ehe für ungültig erklären zu lassen – nämlich bis zum 25. Lebensjahr und nicht nur bis zum 18. Die Ungültigkeit von Zwangsehen kann dabei weiterhin zeitlich unbefristet geltend gemacht werden.

Aktueller Rechtsschutz ungenügend

Der nun in die Vernehmlassung geschickte Vorschlag des Bundesrats geht auf ein Postulat der grünen Nationalrätin Sibel Arslan zurück. Sie verlangte die Überprüfung der gesetzlichen Vorgaben zur Zwangsheirat wie auch zur Minderjährigenheirat.

Dabei stellten die Behörden fest, dass bei der Zwangsheirat offenbar genügend rechtliche Grundlagen vorhanden sind, nicht aber bei der Heirat von Minderjährigen. Denn hier gilt bisher, dass ab dem erreichtem 18. Lebensjahr die Heirat der Betroffenen automatisch als offiziell gültig anerkannt wird.

Mehr Zeit für Betroffene und Verfahren

Das führte dazu, dass etwa bei 17-Jährigen die Behörden kein Verfahren mehr einleiteten, weil mit einem Abschluss bis zum 18. Geburtstag nicht zu rechnen war. Mit der neuen Schwelle 25 soll es nun mehr Zeit für Verfahren wie auch für die Betroffenen geben, wie Bundeshausredaktorin Priscilla Imboden erklärt.

Ehen unter Minderjährigen in der Schweiz betreffen ganz wenige Fälle. In den letzten viereinhalb Jahren gab es laut einer Erhebung 226 Verdachtsfälle, wovon zehn vor Gericht landeten. «Das ist nicht viel, aber der Umgang mit der Heirat oder der Verheiratung von Kindern ist ein sehr heikles Thema», betont Imboden.

Verwischte Grenzen zur Zwangsehe

Die Zwangsehe kann schon heute unbefristet für ungültig erklärt werden. Auch hier geht es häufig um Minderjährige. Trotzdem brauchen Minderjährige den zusätzlichen Schutz, auch wenn man davon ausgeht, dass sie die Ehe freiwillig eingegangen sind.

Entsprechend gilt eine Interessenabwägung, wenn Behörden oder Gerichte einen Fall beurteilen: Sie müssen untersuchen, ob es im Interesse der oder des Betroffenen liegt, dass die Ehe für gültig erklärt wird, weil die Nachteile grösser wären.

Interessenabwägung bleibt umstritten

Diese Interessenabwägung ist aber umstritten, wie Imboden erklärt. Die Rechtskommission des Nationalrats wie auch die Fachstelle Zwangsheirat verlangen eine Streichung. Sie stellen sich auf den Standpunkt, dass Minderjährige grundsätzlich vulnerabel und stärker dem Druck von Erwachsenen ausgesetzt sind. Entsprechend wehren sie sich nicht immer, selbst wenn eine Heirat nicht ganz freiwillig eingegangen wurde. Zu dieser Frage wird sich das Parlament noch separat äussern.

Rendez-vous, 30.06.2021, 12:30 Uhr ; 

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