- Für die Betreuung minderjähriger Asylbewerber wollte der Kanton Bern in den nächsten vier Jahren fast 100 Millionen Franken ausgeben.
- Dagegen hatte die SVP erfolgreich das Referendum ergriffen. Die Mehrheit der Berner Stimmbürger lehnte den Kredit an der Urne klar ab.
- Berns Polizeidirektor Hans-Jürg Käser hofft nun, dass der Bund die Pauschale erhöht.
Fast 2000 Kinder und Jugendliche sind letztes Jahr ganz alleine in die Schweiz geflüchtet und haben hier um Asyl gebeten. Diese unbegleiteten minderjährigen Asylsuchenden, sogenannte UMAs, sollen nach ihren spezifischen Bedürfnissen, dem Alter, dem Geschlecht und der Urteilsfähigkeit untergebracht werden. So steht es in den Empfehlungen der Konferenz der kantonalen Sozialdirektoren.
Jungen Flüchtlingen Berufseinstieg ermöglichen
Im Kanton Bern werden die Asylsuchenden unter 18 Jahren in speziellen Zentren oder bei Pflegefamilien untergebracht. Sie werden intensiver betreut und geschult als Erwachsene. Für Polizeidirektor Hans-Jürg Käser ist das nicht nur für die Betroffenen wichtig, sondern sei im Interesse von uns allen: «Der grösste Teil der unbegleiteten minderjährigen Asylsuchenden wird die nächsten 70 Jahre hier bleiben. Ich bin überzeugt, dass es wichtig ist, dass sie die Chance kriegen, hier die Sprache zu lernen und dann auch Einstieg finden in unsere Berufswelt.»
Der grösste Teil der unbegleiteten minderjährigen Asylsuchenden wird die nächsten 70 Jahre hier bleiben.
Dafür brauche es aber Anfangsinvestitionen, und zwar grosse: 105 Millionen Franken wollte der Kanton Bern in den nächsten vier Jahren für Asylsozialhilfe ausgeben, den Löwenanteil davon für die UMAs. Doch zuerst sagte die SVP nein, gestern dann auch die Mehrheit der Berner Stimmbürgerinnen und Stimmbürger.
Bundespauschale reicht «hinten und vorne» nicht
Jetzt gehe man über die Bücher, verspricht Käser: «Wir werden prüfen müssen, ob allenfalls 17-Jährige vielleicht doch in Erwachsenenstrukturen untergebracht werden können. Das wird sich in den nächsten Tagen und Wochen entscheiden müssen.» Ganz sicher aber brauche es mehr Geld vom Bund. Die 6000 Franken Integrationspauschale pro Asylsuchenden reichten hinten und vorne nicht. Das belegte jüngst auch die Sozialdirektorenkonferenz mit eigenen Berechnungen.
Wir versuchen, bis im Sommer eine Lösung zu finden.
Beim Staatssekretariat für Migration (SEM) will man kantonale Abstimmungen nicht kommentieren. Auch mit konkreten Versprechungen hält man sich zurück. Immerhin signalisiert der Bund via SEM-Sprecher Lukas Rieder aber Gesprächsbereitschaft: «Es ist dem Bund bewusst, dass den Kantonen in einzelnen Bereichen die Globalpauschale des Bundes nicht ausreicht, um sämtliche Kosten zu decken, etwa im Bereich der Unterbringung der UMAs.»
Gesetz und Menschlichkeit fordern gute Betreuung
Deshalb sei der Bund mit den Kantonen so verblieben, wie mit Bundesrätin Simonetta Sommaruga besprochen, erklärt Rieder: «Wir versuchen, bis im Sommer eine Lösung zu finden.»
Vielleicht wirke das Abstimmungsresultat im Kanton Bern kompromissfördernd, hofft derweil der Berner Polizeidirektor Käser: «Wenn es eine Warnschussfunktion hätte, wäre ich glücklich.» Denn man müsse gut sorgen für die jungen Asylsuchenden – Abstimmungsresultate hin oder her. Das verlangten die Gesetze, die Menschlichkeit und die volkswirtschaftliche Vernunft.