Auf Facebook werden in der Schweiz lebende Türken dazu aufgefordert, ihnen bekannte Gülen-Anhänger der türkischen Regierung auf einer dafür eingerichteten Email-Adresse zu melden. Selbst dann, wenn sie einen Schweizer Pass besitzen.
Der Historiker Cebrail Terlemez lebt in der Schweiz und ist als Gülen-Anhänger davon direkt betroffen. Er wird in den Sozialen Medien als Vaterlandsverräter bezeichnet und ihm wird vorgeworfen, Schweizer Medien und Politiker im Sinne der Gülenisten zu manipulieren.
Terlemez hat sich in den vergangenen Wochen in Schweizer Medien mehrmals kritisch gegenüber der türkischen Regierung geäussert. Über die neuste Entwicklung ist auch er überrascht. «Ich hätte nie für möglich gehalten, dass das Denunziantentum in der Schweiz möglich ist», sagt Terlemez gegenüber «10vor10».
Eigentlich folgt Strafverfahren
Tatsächlich ist in der Schweiz verboten, im Interesse eines fremden Staates oder einer ausländischen Partei zum Nachteil des Landes oder ihrer Einwohner zu handeln. Das sieht auch Strafrechtsexperte Konrad Jeker so: «Die Bundesstrafverfolgungsbehörden müssen von Amtes wegen Strafverfahren gegen Spitzel eröffnen, die ihnen bekannt sind.»
Dies dürfte indes nicht so einfach sein, schätzt Jeker, weil nicht eigentliche Agenten in überschaubarer Zahl, sondern wahrscheinlich eine Vielzahl von Privatpersonen ohne konkreten Auftrag eines Geheimdienstes oder einer Organisation handeln. Trotzdem findet er. «Die Schweiz kann das nicht einfach zulassen.» Nun sei auch die Politik gefordert.
Vorstoss im Parlament
Die Zürcher FDP-Nationalrätin Doris Fiala fordert vom Bundesrat eine Protestnote gegen die Türkei. Es sei nicht hinzunehmen, dass in der Schweiz lebende Türken so massiv bedroht und gar denunziert würden. Fiala will in der kommenden Herbstsession eine entsprechende Interpellation einreichen.