«Der Postbote sagte einmal zu mir, Müller oder Meier wäre halt einfacher als Zdravković», sagt die 33-jährige Aleksandra in astreinem Ostschweizer Dialekt. «Er warf alle Post mit ić in meinen Briefkasten, bis ich an den Postschalter ging und sagte, so gehe das nicht. Wir würden uns nicht alle am Wochenende treffen und unsere Post austauschen.»
Aleksandra, in der Schweiz geboren, Eltern serbischer Herkunft, erzählt diese Episode lachend in einem Video auf «baba news».
Das Online-Magazin für «Šhvicer*innen mit Wurzeln von überall»
Oder Mardo, der 24-jährige Schwarze erzählt, wie er und seine Schwester am Bahnhof in Como, Italien, gezielt kontrolliert worden seien von Grenzwächtern mit einem Polizeihund – bis sie sich in breitestem Berndeutsch als Schweizer zu erkennen gegeben hätten, worauf die Beamten verblüfft abgezogen seien.
Authentische und witzige Videos
In solchen und anderen Videos äussern sich Mitglieder der «baba news»-Community zu Themen, die sie betreffen – der alltägliche Rassismus in der Schweiz; das Ausziehen von zu Hause; die Frage, was Heimat ist für die, die hier aufgewachsen sind und das Herkunftsland ihrer Eltern bloss von den Sommerferien her kennen.
«Vieles läuft über Humor, mit einem lachenden Auge, obwohl es zum Weinen wäre», sagt Albina Muhtari, die Chefredaktorin von «baba news». Seit drei Jahren sind Muhtari und ihre kleine Redaktionscrew, zu der noch etliche «Gastarbeiter/innen» zählen, wie die freien Mitarbeitenden hier genannt werden, mit «baba news» online.
Auf Instagram haben sie 16'000 Follower, auf Facebook 3500. Bescheidene Zahlen noch, doch «unsere Community ist sehr aktiv. Sie verfolgen genau, was wir machen, sie liken und teilen es, und sie machen auch mit und schicken uns ihre Videos und Statements.» Etwa die Hälfte der Nutzerinnen und Nutzer habe einen Migrationshintergrund, die andere Hälfte nicht.
«Wir kommen in den Medien zu selten vor»
Entstanden sei «baba news» von unten: «Wir haben begonnen, unsere Videos online zu stellen, und haben dann immer mehr Echo bekommen», erzählt Muhtari. Sie hätten genug davon gehabt, dass Menschen mit Migrationshintergrund in den Medien kaum vorkämen, und wenn, dann zumeist als Problemfälle.
Was sicher damit zu tun hat, dass es auf den Redaktionen der etablierten Medien immer noch sehr wenige Menschen gibt, deren Nachname auf -ić endet oder die muslimischen Glaubens oder schwarzer Hautfarbe sind.
Auch die sogenannte cancel culture wird auf «baba news» verhandelt – so sagt etwa die Poetry-Slam-Künstlerin Fatima Moumouni: «Man darf immer noch alles sagen, kriegt aber jetzt ein Echo.» Und man müsse sich halt auf kritische Widerrede gefasst machen, wenn man bestimmte Wörter verwende, die heute nicht mehr angebracht seien.
Mit einem erfolgreichen Crowdfunding hat das Team nun 100'000 Franken gesammelt und kann jetzt seine Arbeit professionalisieren. Mitgliederbeiträge und Stiftungen bleiben aber als finanzielle Standbeine wichtig. «Wir wollen weiterhin keine Paywall aufziehen, sondern für alle erreichbar sein», sagt Muhtari. Mehr Einnahmen könnten künftig aus Werbung und Sponsoring kommen.