«Ich rede mit allen, egal ob sie in der SP, der FDP oder in der SVP sind. Und ich suche mit ihnen mehrheitsfähige Lösungen.» Dieser Satz von Bauernverbands-Präsident und CVP-Nationalrat Markus Ritter, sagt einiges darüber aus, warum es den Bauern bis heute gelingt, ihre Interessen so gut zu vertreten. Der Bauernverband ist – seit seinen Anfängen – überparteilich.
Jeden Tag geben zwei Bauern auf
Die neue Organisation einte Ende des 19. Jahrhunderts reformierte und katholische Bauern. Heute ist die Dachorganisation der Bauern mit 85 Unterverbänden eine gut geölte Lobbymaschine mit 330 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, viele davon Experten auf einem bestimmten Gebiet der Landwirtschaft. Aber das Credo ist immer noch: möglichst einig auftreten, möglichst viele ins Boot holen um die Interessen der Bauern möglichst gut zu wahren.
Der Beruf des Bauern und der Bäuerin hat sich in all den Jahren radikal verändert. Und vor allem sind die Bauern viel weniger geworden: Täglich geben zwei Bauern auf. In der Schweiz gibt es noch gut 50'000 Betriebe. Vor 30 Jahren waren es noch fast doppelt so viele.
Kürzungen haben keine Chance
Und trotzdem: Billiger ist die Landwirtschaft für die Steuerzahlerin und den Steuerzahler nicht geworden: Rund 2,8 Milliarden Franken gehen an Direktzahlungen pro Jahr an die Bauernbetriebe. Diese Zahl stieg in den 1980er- und 1990er-Jahren stark an. Seit zehn Jahren ist sie konstant.
Das liegt einerseits daran, dass die Landwirtschaftsfläche nicht stark abnimmt. Und andererseits am Geflecht von Vorschriften und Bedingungen, an welche die Direktzahlungen und andere Unterstützungsmassnahmen geknüpft sind. Dieses Geflecht wird immer undurchdringlicher, sagen auch Experten, und nur noch die Spezialisten blicken durch. Dieses Dickicht ausholzen, erweist sich als politisch schwierig.
Auch der letzte Versuch des Bundesrats, bei den Direktzahlungen bis 2022 eine halbe Milliarde pro Jahr zu sparen, scheiterte im Parlament. Mit den Bauern stimmten Ritters CVP, die SVP, Teile der FDP – aber auch die Grünen. Politische Erfolge der Bauern wie dieser haben aber auch viel mit der Person Markus Ritter zu tun. Das anerkennen auch seine Gegner.
Ritter ist mit allen Wassern gewaschen.
Der SP-Wirtschaftspolitiker Beat Jans sagt über den Bauernpräsidenten: «Er ist ein sehr fleissiger, gewissenhafter Politiker. Er ist aber auch mit allen Wassern gewaschen und stellt es sehr geschickt an, damit der Bauernverband seine Interessen im Parlament durchbringt.»
Ritter streitet nicht ab, dass das richtige Vorgehen das A und O ist bei seiner politischen Arbeit für die Bauern. Bereitwillig legt er seine Sieben-Punkte-Strategie offen, wie er es schafft, einem Anliegen zum Erfolg zu verhelfen (siehe Box).
Bei der Durchsetzung der bäuerlichen Anliegen hilft Ritter und seinen Mitstreiterinnen und Mitstreitern, dass die Landwirtschaft in der Bevölkerung vielleicht nicht immer beliebt, aber die schöne Landschaft und die einheimischen bäuerlichen Produkte sehr populär sind. Mit der Landwirtschaft, obwohl heute ökonomisch gesehen ein kleiner Wirtschaftszweig, haben alle Menschen irgendwie zu tun – sei es, wenn sie auf einer Wanderung über eine Alpweide gehen oder wenn sie im Kühlregal zum Bio-Joghurt greifen.
«Kennen Sie die Sendung: ‘Jurist, ledig, sucht’?»
Ritter nimmt die Fernsehsendung «Bauer, ledig, sucht» als Beispiel. Sie gefalle den Menschen, weil es von den Höfen Geschichten zu erzählen gebe und schöne Landschaftsbilder garantiert seien. Und er fragt rhetorisch: «Aber kennen sie eine Sendung, die ‘Jurist, ledig, sucht’ oder ‘Journalist, ledig, sucht’ heisst?»
Auch die grüne Welle, die bei den Wahlen ihre Wirkung gezeigt hat und der viele Umweltpolitikerinnen und -politiker ihre Wahl ins Parlament verdanken, wird der Bauernmacht nicht unbedingt Abbruch tun. Zwar haben die Grünen und die traditionellen Bauern andere Vorstellungen von der Landwirtschaft. Aber beide teilen die Verbundenheit mit der Natur. Zudem sitzen unter den neuen grünen Parlamentariern mehrere mit bäuerlichem Hintergrund.
Für Bauernpräsident Markus Ritter ist denn auch klar, dass er auf die Grünen zugehen will. «Wenn ich die Präsidentin der Grünen, Regula Rytz, richtig verstanden habe, möchten die erstarkten Grünen eine Volkspartei sein.» Und darum zählt er sie zu seinen potentiellen Allianzpartnern. Für ihn, meint der oberste Bauer, gelte eben weiterhin das Prinzip: «Im Parlament arbeiten wir mit denen zusammen, die da sind.»