Seit einem Jahr ist Thomas Wüthrich aus dem Berner Oberland der Direktor von Zürich Tourismus. In seinem ersten Jahr haben sich die Übernachtungszahlen überraschend gut von der Corona-Krise erholt. Dafür stellt sich wieder die Frage nach mehr Nachhaltigkeit.
SRF News: Bilder von Skigebieten fast ohne Schnee wurden in die ganze Welt hinausgetragen. Das ist ein Problem für den Schweizer Bergtourismus. Ist es auch ein Problem für den Schweizer Städtetourismus, beziehungsweise für Zürich Tourismus?
Thomas Wüthrich: Ja, das ist selbstverständlich nicht gut für den Tourismus allgemein. Je weiter die Gäste anreisen, desto mehr wird die Destination als ganzes Land betrachtet. Gäste, die nach Zürich kommen, wollen gerne auch mal einen Tagesausflug in ein Skigebiet machen. Deshalb ist es für den ganzen Schweizer Tourismus nicht von Vorteil, wenn der Schnee fehlt.
Da stellt sich gerade auch in diesem Zusammenhang die Frage nach der Nachhaltigkeit des Tourismus selbst. Wenn Touristen von weit her in die Schweiz fliegen. Ist das nachhaltig?
Es ist bekannt, dass Flugreisen im Bereich Nachhaltigkeit sehr grossen Einfluss haben. Flüge sind teurer geworden und das ist auch richtig. Fliegen war lange zu günstig. Man sollte bewusst reisen. Wir versuchen deshalb auch, dass die Leute länger bei uns bleiben.
Flugreisen und Tourismus – das gehört zusammen. Das kann man nur schwer trennen.
Aber Flugreisen und Tourismus – das gehört zusammen. Das kann man nur sehr schwer trennen. Wir begrüssen natürlich die ganzen Anstrengungen der Flugindustrie.
Aber dann sagen Sie als Direktor von Zürich Tourismus, dass Tourismus nicht wirklich nachhaltig ist.
Das kann man so verstehen. Aber die Anreise ist ja nur ein Aspekt von Tourismus. Es geht auch darum, was die Leute hier machen. In Zürich haben wir zum Beispiel einen fantastischen öffentlichen Verkehr. Man spricht vor allem über die Reise an sich und wie viel CO₂ da ausgestossen wird. Aber Nachhaltigkeit ist viel mehr.
In der «NZZ am Sonntag» sagte der ehemalige Vizepräsident von Schweiz-Tourismus, Peter Vollmer, man mache jetzt nach Corona gleich weiter wie vorher, statt sich in Richtung mehr Nachhaltigkeit zu bewegen. Hat er recht?
Ich kann nicht für Schweiz-Tourismus reden, aber ich kann für Zürich Tourismus sprechen. Ein Drittel unserer Gäste kommt aus der Schweiz, ein Drittel aus Europa und eine Drittel aus fernen Ländern. Wir sind auch auf die Fernmärkte angewiesen. Aber wir wollen die Nahmärkte weiter stärken. Das heisst vor allem mehr Gäste aus Europa nach Zürich holen.
Es ist uns vor allem auch wichtig, dass tendenziell individuell Reisende zu uns kommen, die länger bleiben und der Stadt auch mehr bringen, als Leute, die nur schnell für eine Nacht kommen und dann wieder weg sind.
Das Gespräch führte Hans-Peter Künzi.