1947 ereignete sich in Mitholz eine Katastrophe: Im Munitionsdepot der Schweizer Armee kommt es zu drei Explosionen. Neun Menschen sterben, hunderte verlieren ihr Dach über dem Kopf. Die Felswand, in der sich das Munitionsdepot befand, stürzte ein. Etwa 250'000 Kubikmeter Gestein lösten sich.
Nach der Explosion ist vor der Räumung: Das Material muss weg. Die Munition, die nicht explodierte, konnte teilweise geräumt werden. Aber nach heutigen Schätzungen befinden sich immer noch 3500 Bruttotonnen Munition mit mehreren hundert Tonnen Sprengstoff in den eingestürzten Anlageteilen.
Für eine Räumung braucht es möglichst genaue Bilder. Swisstopo, das Bundesamt für Landestopografie, und ein Team von rund 30 Spezialisten haben dreidimensionale Modelle entwickelt.
Das virtuelle Mitholz damals und heute
Anhand historischer Fotografien, alten Höhenprofilen und Landkarten hätten sie die verschiedensten digitalen Oberflächen-Modelle des Felsen rekonstruiert, wo das Munitionsdepot drin sei, sagt Robin Allenbach von Swisstopo. Ein Beispiel: Ein virtueller Drohnenflug über die Unfallstelle von Mitholz anno 1960.
«Man weiss dann, wie viel Kubikmeter Material daliegen, die eventuell weggeschafft werden oder durchsucht werden müssen». Nur wenn klar ist, um welches Volumen es sich handelt, kann über die Art der Räumung entschieden werden. Das erste Bild zeigt den Felsen, wie er 1946 im unversehrten Zustand ausgesehen haben könnte, das zweite zeigt ihn nach der Explosion.
Es gab bisher keine 3D-Modelle des Bergs, diese mussten extra erstellt werden. In den Jahren nach der Explosion wurde bereits ein Teil des Schutts weggetragen, Bäume und Sträucher wuchsen auf der Explosionsstelle.
«Es geht beim Projekt auch darum herauszufinden, wie der Abbau stattfinden könnte», sagt Ingenieur Michael Fuchs, er koordiniert das Projekt der Mitholz-Modelle. Man müsse wissen, wie stabil der Fels noch sei.
Die Anlage von innen
Neben den Aussenmodellen muss man auch die innere Beschaffenheit des Munitionslagers kennen. Mit Laser-Scannern und Messdrohnen wurden die Innereien des Lagers erfasst. Dort, wo die Technik nicht mehr weiterhalf, sind Höhlengeologen sogar in Spalten gekrochen: «Mit einer Taschenlampe, Stirnlampe und einem Meter», so Robin Allenbach. Von Hand wurde eine Skizze angefertigt. Diese wurde mit Plänen des Tunnels und des Laserscans vervollständigt.
Ein Sprengstoffspezialist der Armee sei jederzeit dabei gewesen. «Er hat beurteilt, ob wir noch weiter gehen dürfen oder nicht», sagt Ingenieur Michael Fuchs. Denn: Es bestand ständig Explosionsgefahr.
So exakt wie nie
Aus Millionen digitaler Messpunkte, aus alten Bauplänen, aus geologischen Untersuchungen, aus Handmessungen und Skizzen, habe das Team aus Geologen, Ingenieuren, Höhlenspezialisten, Vermessern und 3D-Technikern ein aktuelles, dreidimensionales Gesamtbild des alten Munitionsdepots konstruiert. Das Modell wird dabei laufend überprüft, damit jeder Planungsschritt und jeder Arbeitsschritt während einer Räumung jederzeit angepasst werden könne.
Die Räumung der über 3000 Tonnen Munition und Sprengstoff im alten Munitionsdepot Mitholz wird erst in rund 10 Jahren beginnen. Mit diesen dreidimensionalen Computer-Modellen des Felsen und der Kavernen ist eine konkrete Planung dieser Mission überhaupt erst möglich.