Der Bundesrat hatte ursprünglich vorgeschlagen, dass die Behörden
die Ergebnisse der Kontrollen veröffentlichen. Damit würden die Betriebe an den Pranger gestellt, monierte die Branche. Mehr Klarheit schaffe diese Regelung nämlich nicht. Es gebe einzig mehr Bürokratie, denn viele Beanstandungen hätten nichts mit Hygiene zu tun.
Der Bundesrat ging auf diese Einwände ein und schlug vor, dass Restaurants und andere Lebensmittelbetriebe nur auf Anfrage Einsicht in die Bescheinigung gewähren müssen. Dieser Regelung hat der Nationalrat nun zugestimmt.
Wesentliche Anforderungen erfüllt
Das Dokument soll bescheinigen, dass das Restaurant die «wesentlichen lebensmittelrechtlichen Anforderungen» erfüllt. Ist dies nicht der Fall, soll das Restaurant keine Bescheinigung erhalten.
Eine linke Minderheit wollte, dass die Restaurants den Gästen nicht nur auf Verlangen Einsicht gewähren, sondern die Bescheinigung im Lokal aufhängen müssen. Eine rechte Minderheit wollte dagegen das Recht auf Einsicht streichen.
Pranger oder Gault-Millau-Punkte
«Warum wehren sich die Wirte gegen Transparenz?», fragte Bea Heim (SP/SO). Es gehe nicht bloss um «Grüselbeizen», wie oft zu lesen sei. Eine sichtbar gemachte, im Restaurant aufgehängte Bescheinigung sei die beste Werbung für ein Restaurant, «fast wie Gault-Millau- Sterne».
Thomas de Courten (SVP/BL) sprach dagegen von einem «mittelalterlichen Pranger». Wer eine Bestimmung nicht eingehalten habe, würde an den Pranger gestellt - egal, wie wichtig die Bestimmung sei. Diese Mentalität sei nicht zeitgemäss. Toni Bortoluzzi (SVP/ZH) gab zu bedenken, die Bescheinigung sei nur eine Momentaufnahme.
Der Nationalrat lehnte sowohl den Antrag von linker als auch jenen von rechter Seite ab. Betriebe, die lebensmittelrechtliche Vorgaben verletzen und deshalb keine amtliche Bescheinigung erhalten, sollen nach dem Willen des Rates aber eine zweite Chance erhalten. Sie sollen verlangen können, innerhalb von sechs Monaten erneut kontrolliert zu werden.
Erleichterungen für Kleinstbetriebe
Das Lebensmittelgesetz regelt auch die Selbstkontrolle der Betriebe. Hier beschloss der Nationalrat, dass für Kleinstbetriebe eine erleichterte Selbstkontrolle gelten soll. Die Gegnerinnen und Gegner gaben vergeblich zu bedenken, eine Sushi-Bar sei vielleicht klein, könne jedoch grosse gesundheitliche Probleme verursachen.
Umstritten war weiter, wann die Behörden bei Gesundheitsrisiken die Öffentlichkeit informieren sollten. Nach dem Willen des Nationalrates sollen sie dies - wie bisher - dann tun, wenn bei einem Lebensmittel ein hinreichender Verdacht besteht, dass es ein Risiko für die Gesundheit mit sich bringen könnte.
Eine rechte Minderheit wollte, dass die Behörden nur noch dann informieren, wenn erwiesenermassen ein Risiko für die Gesundheit besteht. Dies lehnte der Rat jedoch ab. Bortoluzzi warnte vergeblich vor Hysterie wegen eines blossen Verdachts.
Weiter beschloss der Nationalrat, dass die Bundesbehörden nicht nur in der Öffentlichkeit, sondern auch in Volksschulen über ernährungswissenschaftliche Erkenntnisse informieren können, die für die Gesundheitsvorsorge und die nachhaltige Ernährung von Bedeutung sind. Er nahm einen entsprechenden Antrag von Jacques Bourgeois (FDP/ FR) an.