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Staatliche Überwachung Fundbüros greifen auf heikle Daten zu

Das Überwachungsgesetz Büpf soll Straftaten aufklären. SRF-Recherchen zeigen: Auch Fundbüros nutzen die Daten. Heiligt der Zweck die Mittel?

Das Wichtigste in Kürze

  • Mit dem Schweizer Überwachungsgesetz (Büpf) können Behörden auf die Kommunikation von mutmasslichen Straftätern zugreifen und diese überwachen.
  • Nun zeigt eine Recherche von SRF Data: Auch verschiedene Fundbüros aus den Kantonen Zürich und Aargau haben Zugriff auf einen Teil der Daten.
  • Ein Jurist sieht im Überwachungsgesetz keine Grundlage für eine solche Verwendung der Daten. Die zuständige Behörde beim Bund beschwichtigt.

«Im Rahmen eines Strafverfahrens» oder zur «Suche und Rettung vermisster Personen» – dazu soll das Bundesgesetz betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (Büpf) ausschliesslich genutzt werden. Zumindest auf dem Papier.

Eine Recherche von SRF Data lässt daran zweifeln. Demnach haben einige wenige Gemeinden aus den Kantonen Zürich und Aargau Zugriff auf Daten, die laut Gesetz gespeichert werden müssen. Namentlich deren Fundbüros: Diese stellen über ein zentrales System Anfragen an die Datenbanken der Schweizer Mobilfunkanbieter. Damit lassen sich die Eigentümer von verlorenen Mobiltelefonen feststellen.

Grösster Kunde: Das Fundbüro der Stadt Zürich

Die Auftraggeber von Überwachungen sind normalerweise Strafverfolgungsbehörden wie Staatsanwaltschaften und Polizeien. Sie können mit den Daten der Mobilfunkanbieter nachvollziehen, mit wem ein mutmasslicher Straftäter Kontakt hatte oder wo er sich zu einer bestimmten Zeit aufgehalten hat. Oder ihn direkt und aktiv abhören. Dafür bezahlen sie jeweils eine Gebühr im Umfang von mehreren hundert oder tausend Franken.

Die Anfragen, die von Fundbüros aus getätigt werden, sind hingegen fast gratis. Für ein paar Franken kann der Besitzer eines Mobiltelefons eruiert werden – via SIM-Nummer, die man in ein Online-System eingibt. Die Antwort folgt innert weniger Minuten. Das System wird vom Dienst ÜPF, der zuständigen Überwachungsbehörde im eidgenössischen Jusitz- und Polizeidepartement (EJPD), betrieben.

Ein reger Nutzer ist zum Beispiel das Fundbüro der Stadt Zürich, das von den städtischen Verkehrsbetrieben (VBZ) und der Stadtpolizei betrieben wird. VBZ-Mediensprecherin Daniela Tobler bestätigt den Gebrauch. Die VBZ seien von der Stadtpolizei dazu ermächtigt worden. Die Auswertung von SRF Data zeigt: Im letzten Jahr haben die VBZ Anfragen im Wert von mehreren tausend Franken getätigt. Gemäss Tobler werden pro Monat durchschnittlich 200 - 250 Auskünfte verlangt, Zugang zum System hätten alle Mitarbeiter des Fundbüros.

Die Fundbüros, die das System nutzen, lassen sich allerdings an zwei Händen abzählen. Zu den weiteren Kunden gehören gemäss Hinweisen die Aargauer Städte Baden und Aarau. Erstere bestätigt den Einsatz des Systems, letztere verneint ihn. Auf der Zürcher Gemeinde Schlieren heisst es, man habe das System auf Empfehlung der Stadt Zürich angeschafft. Es mache einen sicheren Eindruck, die Benutzer müssten dem Dienst ÜPF jeweils gemeldet, die Passwörter müssten regelmässig geändert werden.

«Im Rahmen der Polizeiarbeit zulässig»

Und: Das System erhöhe die Effizienz – so tönt es unisono aus den angefragten Fundbüros. Trotzdem: Solche Auskünfte brauchen gemäss Büpf zwar keine richterliche Genehmigung – dennoch dient das Überwachungsgesetz primär der Aufklärung von Straftaten. Darunter fällt der Verlust eines Wertgegenstandes freilich nicht.

Martin Steiger, Rechtsanwalt und Sprecher der Digitalen Gesellschaft, sieht im Büpf und der dazugehörigen Verordnung auf Anhieb keine Rechtsgrundlage für solche Auskünfte. Es sehe so aus, als würde hier der Zweck die Mittel heiligen. Oder anders ausgedrückt laute die Logik wohl: «Die Daten werden sowieso gespeichert und verfügbar gemacht, also nutzen wir sie auch.»

Der Dienst ÜPF lässt auf Anfrage verlauten, bei den erwähnten «Telefonbuch-Auskünften» handelt es sich nicht um Überwachungen. Die erfragten Daten seien nicht durch das Fernmeldegeheimnis geschützt. Demzufolge gelte das Kriterium der strafbaren Handlungen hier nicht – solche Anfragen seien im Rahmen der normalen Polizeiarbeit möglich. Mediensprecher Nils Güggi geht davon aus, dass die Fundbüros jeweils der Polizei angegliedert sind.

Dass nur so wenige Fundbüros das System nutzten, sei wohl durch Unwissen bedingt. Der Dienst ÜPF würde das System nicht aktiv bewerben.

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