Am 18. Mai 2014 hat das Schweiz Stimmvolk Nein gesagt zur Beschaffung des Gripen. 53,4 Prozent der Stimmbürger wollten keine neuen Kampfjets. Die Abstimmungsergebnisse offenbarten Unterschiede zwischen der urbanen (56 Prozent Nein) und der ländlichen (49 Prozent Nein) Schweiz. Der Röstigraben war hingegen weniger tief als bei anderen Vorlagen. Die Kantone Zürich, Bern, die beiden Basel, Schaffhausen und das Tessin standen auf der Seite der Romandie.
Entscheidend zum Nein-Ergebnis haben die Mitte-Wähler beigetragen. Gemäss der heute veröffentlichten Vox-Analyse lehnte die Hälfte der Mitte-Wähler die Vorlage ab. Die Analyse zeigt, aus welchen Gründen eine Vorlage abgelehnt oder angenommen wurde.
Keine Grundsatzfrage um Armee
Grosse Unterstützung erhielt die Vorlage lediglich von SVP-Sympathisanten, bei denen vier von fünf Wählern ein Ja in die Urne legten. Doch auch bei den Befürwortern einer starken Armee war die Abstimmung umstritten. Fast ein Viertel von ihnen legte ein Nein ein. Für Thomas Widmer, Leiter der Untersuchung und Professor an der Uni Zürich, ist das auffällig: «Kreise, die sonst Armeevorlagen relativ klar annehmen, haben jetzt teilweise den Gripen abgelehnt.»
Laut Widmer deutet diese relativ hohe Ablehnung von armeefreundlichen Personen darauf hin, dass es am 18. Mai nicht um die Grundsatzfrage Pro oder Kontra Armee ging. «Wir sehen, dass es zu einer differenzierten Stimmentscheidung gekommen ist.»
Gripen war zu teuer
Diese Thesen würden sich auch in den Abstimmungsmotiven widerspiegeln. Nur neun Prozent der Nein-Stimmenden lehnten die Vorlage aus einer grundsätzlich armeefeindlichen Haltung ab. Für einen Drittel war die Beschaffung der Flugzeuge schlicht zu teuer. Je 13 Prozent gaben Unsicherheiten bezüglich des Flugzeugtyps als Grund an, sowie den generellen Reformbedarf bei der Armee. Dieser sei drängender als die Beschaffung des Gripen.
Gründe der Gripen-Gegner
Beschaffung zu teuer, Geld besser anders einsetzen | 33 Prozent |
Reformbedarf, zuerst Ausrichtung der Armee klären | 13 Prozent |
«Papierflieger», Unsicherheit bezüglich des Flugzeugtyps, undurchsichtiges Auswahlverfahren | 13 Prozent |
Grundsätzlich gegen die Armee | 9 Prozent |
Kampagne, schlechte Informationspolitik | 6 Prozent |
Neutralität, Kooperation mit Nachbarländern | 4 Prozent |
Andere Gründe / keine Antwort | 22 Prozent |
Sechs Prozent kritisierten die Kampagne und Informationspolitik des Bundesrates. Hier nannten die Befragten die kommunikativen Fehltritte der Befürworter und die Einmischung des Herstellers Saab und der schwedischen Botschaft in den Abstimmungskampf als entscheidend.
Militärangehörige sagten Ja
Bei den Befürworten des Gripen standen vor allem sicherheitspolitische Überlegungen und die Neutralität der Schweiz im Zentrum.
Männer stimmten dem Gripenkauf häufiger zu (53 Prozent) als Frauen (42 Prozent). Unter den Männern wiederum war der Ja-Stimmenanteil bei aktuellen oder ehemaligen Militärangehörigen mit 58 Prozent deutlich höher als bei jenen, die nie in der Armee waren (36 Prozent).
Links-rechts-Graben bei den anderen Vorlagen
In der Vox-Analyse werden auch die Hintergründe zu den anderen drei Vorlagen vom 18. Mai beleuchtet. Bei der Mindestlohn- und Pädophileninitiative tun sich dabei Links-Rechts-Gräben auf. Bürgerliche und rechtskonservative Stimmende befürworteten die Vorlage zum Schutz von Kindern vor Pädophilen mehrheitlich, während sie die meisten Anhänger von linken Parteien verwarfen. Der Ja-Anteil lag am Schluss bei 63,5 Prozent.
Ähnlich sieht es beim Mindestlohn aus. Mitte-rechts hat ihn deutlich verworfen und links eher angenommen. Ganz überzeugen konnte die Initiative nur Linksaussen-Wähler. Von den SP-Anhängern legten nur 55 Prozent ein Ja in die Urne. Am Ende überzeugten die Angst vor wirtschaftlichen Folgen und das Argument der Arbeitsplatzverlusten drei Viertel der Stimmenden.
Medizinische Grundversorgung unumstritten
Unumstritten war der Bundesbeschluss über die medizinische Grundversorgung. Anhänger aller Parteien nahmen die Vorlage mehrheitlich an – sogar Wähler der SVP, der einzigen Partei, die ein Nein beschlossen hatte. Am Ende sagten 88 Prozent Ja. Ein Drittel aller Stimmenden konnte jedoch nicht genau sagen, worum es in der Vorlage ging.