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Nationalrat Glättli will höhere Benzinpreise
Aus Rundschau vom 18.09.2019.
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Geplante CO2-Abgabe «Die ländlichen Regionen wären stärker betroffen»

Benzin und Diesel sollen teurer werden – der Umwelt zuliebe. Doch ab welchem Preis verzichten wir tatsächlich aufs Auto?

Die CO2-Abgabe auf Treibstoffe ist ein politischer Zankapfel. Der Bundesrat will die Kompensationen auf Benzin und Diesel erhöhen. Die Höhe ist allerdings noch Teil der Diskussion. Der Grüne Nationalrat Balthasar Glättli brachte den Betrag von 40 bis 50 Rappen pro Liter ins Spiel.

Im Interview erklärt Massimo Filippini, Professor für Energiewirtschaft an der ETH Zürich, inwiefern eine CO2-Abgabe sinnvoll ist.

Massimo Filippini

Professor für Energiewirtschaft

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Der Ökonom ist an der ETH Zürich und der Università della Svizzera Italiana in Lugano tätig. An der ETH leitet er als Direktor das Zentrum für Energiepolitik und Wirtschaft. In seiner Forschung befasst er sich unter anderem mit der Ökonomie von Energieeffizienz, sowie der Nachfrage und Regulierung im Energiemarkt.

SRF News: Massimo Filippini, ab welchem Betrag würde eine Abgabe überhaupt Einfluss auf das Konsumverhalten haben?

Massimo Filippini: Eine Erhöhung um 5 Rappen ist wahrscheinlich nicht hoch genug, um die Aufmerksamkeit der Konsumenten zu erreichen und somit nicht so effektiv wie eine Erhöhung um 20 bis 30 Rappen. Eine Studie von uns hat gezeigt, dass die Benzinnachfrage durch die Einführung einer CO2-Abgabe kurzfristig nicht stark zurückgeht. Langfristig gesehen wird die Reduktion jedoch höher sein, da die Haushalte in der längeren Frist energieeffizientere Autos kaufen können.

Die Kosten werden direkt vom Verursacher getragen.

Ist eine CO2-Abgabe auf Benzin wirtschaftlich sinnvoll?

Die CO2-Abgabe ist eine Lenkungsabgabe, die volkswirtschaftlich gesehen sinnvoll ist, da das Verursacherprinzip berücksichtigt wird. Eine CO2-Abgabe schliesst die Umweltkosten und die sozialen Kosten mit ein, welche durch die Emission von CO2 entstehen. Die Kosten werden so direkt vom Verursacher und nicht von der Allgemeinheit getragen.

In Ihrer Studie zeigen Sie, dass die Effekte in der Stadt und auf dem Land unterschiedlich ausfallen.

Die Einführung einer CO2-Abgabe würde die ländlichen Regionen und die Gebirgsregionen mehr treffen als die urbanen Regionen. Denn in den urbanen Regionen gibt es mehr Alternativen zum Auto, zum Beispiel ein grösseres Angebot an öffentlichen Verkehrsmitteln.

Wie könnte man diesen Unterschied verkleinern?

Die CO2-Abgabe ist eine Lenkungsabgabe, das heisst, dass die Abgaben an die Bevölkerung und die Wirtschaft zurück verteilt werden. Um die regionalen Auswirkungen zu verkleinern, sollten die ländlichen und Gebirgsregionen bei der Rückverteilung anteilsmässig mehr Geld bekommen.

Es bräuchte mehrere Massnahmen.

In einer anderen Studie zu Konsumenten und Energiesparmassnahmen haben Sie herausgefunden, dass nicht alle Konsumenten gleich auf diese finanziellen Massnahmen reagieren. Bei wem würden also Massnahmen wie die CO2-Abgabe Wirkung zeigen, bei wem nicht?

Die volle Wirkung würde man eher bei Konsumenten erwarten, die bei Investitionsentscheidungen im Energiebereich rational entscheiden. Das heisst, sie denken langfristig und beziehen die CO2-Steuer in ihre Ausgabenrechnung mit ein. Unsere Studie hat aber gezeigt, dass ein Teil der Konsumenten nicht bei jeder Entscheidung ein solches Investitionskalkül macht.

Wie sieht es heute aus?

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Die Importeure von Treibstoffen wie Benzin müssen heute einen Teil der entstehenden CO2-Emissionen kompensieren. Heute merken das die Konsumenten im Benzin- oder Dieselpreis: Aktuell kostet der Liter an der Zapfsäule deshalb 1.5 bis 2 Rappen mehr.

Jetzt schlägt der Bundesrat vor, diese Kompensationen zu erhöhen, also teurer zu machen. Die zuständige Kommission des Ständerates will diese Verteuerung auf die Treibstoffpreise auf vorerst 10 Rappen beschränken. Gleichzeitig aber soll der Bundesrat eine CO2-Lenkungsabgabe prüft.

Können wir mit einer CO2-Abgabe die CO2-Emissionen im privaten Verkehr wirklich abbauen?

Um die CO2-Emissionen im privaten Verkehr zu reduzieren, brauchen wir eine Kombination von marktorientierten und nicht-marktorientierten Massnahmen. Wir brauchen diese Mischung, weil die Haushalte nicht immer voll informiert und rational sind.

Konkret bräuchte es mehrere Massnahmen: Eine CO2-Abgabe, eine verstärkte Ökologisierung der kantonalen Motorfahrzeugsteuer, restriktivere Emissionsstandards, eine Verstärkung des öffentlichen Verkehrs und Massnahmen, die auf psychologischen und verhaltensökonomischen Erkenntnissen basieren, die eine Änderung des Konsumentenverhaltens verursachen könnten.

Das Gespräch führte Evelyne Schlauri.

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