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Eveline Widmer-Schlumpf.
Legende: Eveline Widmer-Schlumpf will jetzt auch über den Informationsaustausch diskutieren. Keystone

Schweiz Geteilte Meinungen zum Tabubruch

Die unerwarteten Aussagen der Finanzministerin zum automatischen Informationsaustausch sind von der Bankiervereinigung schlecht aufgenommen worden. «Ungeschickt und nachteilig für Verhandlungen», kommentiert der Berner Wirtschaftsexperte Kunz. Positiv überrascht ist Raiffeisen-Chef Vincenz.

Was gilt nun eigentlich? Vorgestern präsentierte der Bundesrat seinen Finanzmarktbericht – ohne ein Wort vom automatischen Informationsaustausch. Gestern nun kündigte Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf an, eben dieser automatische Informationsaustausch müsse durchaus diskutiert werden.

Bei der Bankiervereinigung ist man irritiert: Die Diskussionsgrundlage sei die am Mittwoch publizierte Finanzplatzstrategie und dort stehe die Abgeltungssteuer mit grossen europäischen Nachbarländern im Vordergrund, stellt Sprecherin Cindy Schmiegel fest: «Und das unterstützen wir.»

Den von Widmer-Schlumpf ins Spiel gebrachten automatischen Informationsaustausch will die Bankiervereinigung mit keinem Wort kommentieren.

«Ungeschickte Aussage»

Wirtschaftsprofessor Peter V. Kunz beurteilt die überraschende Aussage der Finanzministerin zwar durchaus als «realistisch». Dennoch hält er das Vorgehen für falsch und ungeschickt, nun eine solch politische Aussage zu machen.

Denn einerseits werde damit Staatssekretär Michael Ambühl sozusagen der Boden unter den Füssen weggezogen, wenn er im Ausland für die Abgeltungssteuer weible.

Anderseits mache es einen schlechten Eindruck im Ausland, wenn alle paar Monate die gleiche Bundesrätin etwas völlig Neues erzähle. Kunz ist überzeugt, dass sich die Schweiz dadurch selber schwächt.

Raiffeisen-Chef: Je früher, desto besser

Überrascht über die Aussagen von Widmer-Schlumpf ist auch Raiffeisen-Chef Pierin Vincenz, der selber schon einmal Verhandlungen mit der EU über den Informationsaustausch gefordert hatte.

Zwar sei in letzter Zeit der Fächer über mögliche Lösungen im Zusammenhang mit der Weissgeldstrategie in verschiedenen Gesprächen geöffnet worden. Dies sei aber nie in einer solch offiziellen Art und Weise geschehen, stellt Vincenz fest.

Mitreden und Gegenforderungen stellen?

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Lieber heute als morgen über den Informationsaustausch zu reden, macht aber für den Raiffeisen-Chef durchaus Sinn. Je früher die Schweiz mit Europa das Gespräch suche, umso mehr könnten auch Gegenforderungen gestellt werden. Er denkt hier etwa an den Marktzutritt, lange Übergangsfristen und nicht zuletzt die an Suche nach einer Lösung für die Vergangenheit.

Applaus auf der einen, Kritik auf der anderen Seite. Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf beendet ihr Präsidialjahr auf jeden Fall mit einem Paukenschlag. (brut)

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