Ein heimlich gedrehtes Video in einem Altersheim bringt an den Tag, was häufig im Verborgenen bleibt. Eine Bewohnerin wird von ihrer Pflegerin körperlich misshandelt und beschimpft. Aufgenommen hat das Video der Sohn des Opfers in Deutschland.
Nun belegt eine Studie der Unabhängigen Beschwerdestelle für das Alter in der Stadt Zürich: Die Täterschaft besteht in 46 Prozent der Fälle aus Angehörigen. In 37 Prozent sind die Täter Pflegende in Alters- oder Pflegeheimen. Die Opfer von Betagtenmisshandlung sind zu zwei Drittel Frauen.
Tatort Wohnung
Der ehemalige Zürcher Stadtarzt Albert Wettstein ist Mitverfasser der Studie, welche 150 Fälle von dokumentierter Gewalt untersucht hat. Er kommt zum Schluss, dass die meisten Übergriffe in der häuslichen Pflege und nicht im Alters- oder Pflegeheim vorkommen. Und dass das Risiko von Übergriffen in ganz bestimmten Konstellationen steigt. Etwa dann, wenn die pflegebedürftige Person und die pflegende Person im gleichen Haushalt wohnen oder wenn eine Altersdemenz vorliegt.
Es müsse davon ausgegangen werden, dass die wenigsten Fälle von Gewalt gegen alte Menschen bekannt würden, erklärt Wettstein gegenüber «10vor10». «Die Dunkelziffer ist deshalb so hoch, weil keine Kontrollinstanzen vorhanden sind. Erst wenn klare Zeichen wie etwa blaue Flecken sichtbar werden und diese anderen Personen auffallen, werden solche Fälle gemeldet», sagt Wettstein.
Schätzungen aus der Schweiz ergeben, dass rund 5 Prozent der Betagten, also rund 50‘000 alte Menschen, hierzulande physischer oder psychischer Gewalt ausgesetzt sind.