Ein Gewalt-Video der Zürcher Stadtpolizei hat hohe Wellen geschlagen. Es zeigt eine brutale Auseinandersetzung zwischen Fussball-Rowdies vor dem Cup-Halbfinal zwischen den Stadtrivalen FCZ und GC vom letzten Februar.
Zu solchen und ähnlichen Gewaltexzessen forscht Alain Brechtbühl vom Institut für Sportwissenschaften an der Universität Bern. SRF News hat den Experten nach den Wurzeln der Gewalt gefragt.
SRF News: Woher kommt die Gewalt?
Alain Brechtbühl: Eine mögliche Erklärung wäre, dass es sich hier um einen Kampf um Macht, um Vorherrschaft handelt. Bezogen auf die zwei rivalisierenden Clubs.
Also ist es typisch Zürich, dass es zwischen FCZ- und GC-Fans dermassen eskaliert?
Nicht nur in Zürich. Die Erfahrungen wie auch die Forschung aus dem In- und Ausland zeigen, dass sich solche Konflikte häufig rund um Derbys, also Clubs oder Fangruppen, die eine lokale Nähe haben, manifestieren.
Man hört, dass die Fangruppen quasi miteinander abmachen, um aufeinander einschlagen zu können. Woher kommt die Lust auf Gewalt?
Es gibt verschiedene Erklärungsansätze. Einer wäre, dass es eine Suche nach Erregung ist, nach Gefahr, nach einem Ausgleich zum langweiligen Alltag. Eine andere mögliche Erklärung wäre die, dass es wie eine Fortführung des Kampfs auf dem Platz ist. In dem Sinne eine Überidentifikation und ein Weiterziehen des Wettkampfs ausserhalb des Spielfelds.
Es kann der Eindruck entstehen, dass die Auseinandersetzungen brutaler geworden sind. Täuscht diese Sicht?
Wenn man die Bilder sieht, deutet schon einiges darauf hin, dass in den Konfrontationen mehr Brutalität vorherrscht. Wenn man den Eindruck aber auf die ganze Schweiz überträgt, kann ich ihn so nicht unterschreiben. Wenn man zurückdenkt an klassische Hooligan-Treffen von früher, sieht man allerdings schon eine gewisse Abkehr davon. Damals hat es noch den Kodex gegeben: Wer am Boden liegt, wird nicht mehr mit Schlägen traktiert.
Damals hat es noch den Kodex gegeben: Wer am Boden liegt, wird nicht mehr mit Schlägen traktiert.
Was kann Zürich machen? Der Runde Tisch? Diskussionen haben offenbar nichts genützt…
Grundsätzlich sind gemeinsame Ansätze zu begrüssen, bei denen alle Stakeholder gemeinsam an Lösungen arbeiten. Zentral ist aber sicher eine Täteridentifikation und ein Zur-Rechenschaft-Ziehen dieser gewaltsuchenden Fans – ohne allerdings die Mehrheit der Fans in einen Topf zu werfen und so alle Fans schlecht zu machen.
Das Ziel wäre, dass man auch weiterhin eine positive Fankultur fördert und zwar so, dass eine saubere Abgrenzung der Fans gegenüber den gewaltsuchenden Hooligans stattfinden kann.
Das Gespräch führte Katharina Locher.