Die Grünen und GLP sind die klaren Gewinnerinnen der Zürcher Kantons- und Regierungsratswahlen, die SVP gehört zu den Verlierern. Die Wahlen gelten als Gradmesser für die nationalen Wahlen im Herbst. Welche Schlüsse kann man daraus ziehen? Eine, die Antworten auf solche Fragen hat, ist Politikwissenschaftlerin Sarah Büttikofer von der Universität Zürich. Die Mobilisierung der Umweltthematik sei deutlicher ausgefallen als erwartet.
SRF News: Wird es bei den nationalen Wahlen 2019 eine grüne Welle geben?
Sarah Bütikofer: Grüne und GLP haben in vielen kantonalen Wahlen gut abgeschnitten und werden auch in Umfragen hinsichtlich der eidgenössischen Wahlen als Siegerinnen gehandelt. Es ist jedoch schwierig vorauszusagen, ob diese kantonalen Ergebnisse auch national erreicht werden. Für den Kanton Zürich sind die gestrigen Ergebnisse ein Gradmesser für die Nationalratswahlen, zumal die Grünen und die GLP auch bei den letztjährigen Wahlen für die Stadtregierung zugelegt haben. Grundsätzlich sind die Gewinne der Parteien, die ein «Grün» im Namen führen, deutlicher ausgefallen als erwartet.
SVP-Themen wie Migration, Sicherheit oder Europa waren im Zürcher Wahlkampf nicht zentral.
Die SVP muss einen deutlichen Sitzverlust hinnehmen. Wird das auch im Herbst der Fall sein?
Gemäss aktuellen Trendbefragungen grundsätzlich schon. Die SVP ist aber nach wie vor die mit Abstand grösste Partei und wurde ja auch im Kanton Zürich zu dem, wofür sie heute steht. Allerdings bröckelt ihr Glanz ein bisschen. Die aktuelle Parteiführung verfügt wohl auch nicht mehr über die Anziehungskraft und das Charisma der alten Garde, das hat sich in den letzten vier Jahren gezeigt.
In einigen Kantonen konnte die Partei etwas zulegen, verlor aber in anderen massiv an Wählerstimmen. Die Wahlbeteiligung in der Schweiz ist jeweils tief. Die Parteien müssen die Wähler über Themen und Personen mobilisieren. SVP-Themen wie Migration, Sicherheit oder Europa waren im Zürcher Wahlkampf nicht zentral.
Zudem muss man auch sagen, dass es sich positiv auf den Frauenanteil in einer Legislative auswirkt, wenn die SVP Sitze verliert, da diese den tiefsten Frauenanteil hat.
Die FDP stellt erstmals nur einen Regierungsrat im Kanton Zürich. Auch bei den Kantonsratswahlen verliert sie zwei Sitze. Läuten bei der FDP die Alarmglocken?
Nicht die ganze Schweiz ist Zürich. Eigentlich hat die FDP eine erfolgreiche Legislatur hinter sich, was kantonale Wahlen angeht. Sie hat in einigen Kantonen zugelegt, wie übrigens auch die SP.
Die Umweltthematik in städtischen Gebieten mobilisiert sehr stark, auch bei Personen, die zur politischen Mitte tendieren.
Der Frauenanteil im Zürcher Kantonsrat ist gestiegen, von einem Drittel auf beinahe 40 Prozent. Wie sieht das bei den nationalen Wahlen aus: Könnte der Frauenanteil dort ähnlich stark steigen?
Letzten Herbst wurde die Kampagne «Helvetia ruft» lanciert, die den Frauenanteil in den Parlamenten erhöhen soll. Dieser Ruf wurde in Zürich offenbar von den Parteien erhört. Es ist also möglich, durch Anstrengungen den Frauenanteil zu erhöhen. Zudem muss man auch sagen, dass es sich positiv auf den Frauenanteil in einer Legislative auswirkt, wenn die SVP Sitze verliert, da diese den tiefsten Frauenanteil hat.
Was für eine Signalwirkung haben diese kantonalen Wahlen in Zürich?
Interessant ist, dass die Grünen stark zugelegt haben und die anderen linken Parteien im Total nicht geschwächt wurden. In der Stadt Zürich stieg die Wahlbeteiligung deutlich, während sie in den eher ländlichen Gebieten zurückging. Die Umweltthematik in städtischen Gebieten mobilisiert sehr stark, auch bei Personen, die zur politischen Mitte tendieren.
Das Gespräch führte Claudia Weber.