«Die grösste Rollmaterialbestellung in der Geschichte der SBB», frohlockte Konzernchef Andreas Meyer im Frühjahr 2010. 59 Doppelstockzüge bestellte er im Mai beim kanadischen Hersteller Bombardier. Die 436 Wagen sollten Entlastung für den chronisch überlasteten Fernverkehr bringen.
Wurde der 1,9 Milliarden Franken-Deal damals noch bejubelt, liegt er nun sowohl der SBB, wie auch dem Hersteller schwer auf dem Magen. Schon früh zeichneten sich Lieferschwierigkeiten ab. Unzählige Änderungswünsche von Seiten des Bestellers verzögerten das Projekt. Im März 2013 drohte die SBB mit einer Konventionalstrafe in der Höhe von fast einer halben Milliarde Franken.
Nun kehrt der Hersteller den Spiess offenbar um und fordert seinerseits Entschädigungszahlungen von 326 Millionen Franken. Was läuft hier falsch?
Jeannine Pilloud, Leiterin Personenverkehr bei der SBB, sagte dazu in der Sendung «Rundschau»: «Wir gehen auf die finanzielle Forderung von Bombardier bestimmt nicht ein.»
Powerplay hinter den Kulissen
Bei Grossaufträgen sei es üblich, dass bei Streitigkeiten jede Partei Ansprüche geltend mache. Dies sei Teil von kommerziellen Verhandlungen. Ungeachtet der geforderten Änderungswünsche pocht Pilloud aber auf die Einhaltung des unterzeichneten Werkliefervertrages.
Von Verzögerungstaktik der SBB könne nicht die Rede sein, die Zusammenarbeit in technischen Fragen sei sichergestellt. Die Mitwirkungspflicht werde wahrgenommen, einzige Ausnahme seien die kommerziellen Meetings. Ein Ausstieg aus dem Vertrag steht offenbar nicht zur Debatte: «Ein paar Dutzend Leute sind damit beschäftigt, dass das Projekt zum Abschluss kommt, wir können das nicht irgendwohin delegieren».
Trotz der Verzögerung rechnet Pilloud mit der Lieferung der ersten Zugkombination Ende 2015. Nach einer Testphase sollen ab 2016 die neuen Doppelstockzüge im Fernverkehr eingesetzt werden. Ob bis dann die finanziellen Streitigkeiten beendet sind, ist aber fraglich.