Die Sanitätstruppen unterstützen seit Mitte März das Gesundheitspersonal bei der Pflege. Sie führen Kranke auf die Toilette, transportieren Corona-Infizierte, geben Patienten zu essen oder helfen beim Umbetten.
Ich bin nie nötig gewesen, es hatte immer genügend Pflegepersonal.
Aber: Soldaten berichten gegenüber Radio SRF, dass sie nichts zu tun hätten, sie müssten vor allem herumsitzen. Etwa Peter, der nicht so heisst, er möchte aber anonym bleiben. Er sei nie wirklich gebraucht worden, selbst dem Pflegepersonal sei nicht klar gewesen, womit er sie unterstützen solle.
Peter findet zudem, dass er und seine Kameraden missbraucht würden für die Imagepflege der Armee. «Es wird auch nicht ehrlich kommuniziert», sagt er. Aussenstehende, mit denen er rede, seien erstaunt, dass er kaum etwas zu tun habe und nur herumsitzen müsse. Seine Freunde und Bekannte hätten angenommen, er könne bei seinem Einsatz tatkräftig mithelfen
Überkapazitäten im Spital
Bei einem Truppenbesuch im Bürgerspital Solothurn bestätigen mehrere Soldaten, dass es im Betrieb Überkapazitäten gebe. Das habe damit zu tun, dass die Spitäler den Betrieb heruntergefahren hätten, um für Corona-Patienten da zu sein. Der Bund wollte genug Betten und Personal zur Verfügung haben, falls sich die Spitäler mit Tausenden von Corona-Infizierten füllen sollten.
Diese befürchtete Welle von Patienten ist nie eingetreten. Deshalb begann die Armee nach Mitte April damit, Soldaten heimzuschicken (siehe Infobox «Mobilmachung»). Warum nicht früher? Man habe nicht voraussehen können, dass es keine Patienten-Welle geben würde, sagt Brigadier Raynald Droz. Er koordiniert diesen Armeeeinsatz. Für die Armee und den Bundesrat sei es das Wichtigste gewesen, einen Kollaps des Gesundheitssystems zu verhindern.
Wir fühlen uns missbraucht für eine politische Message.
Die meisten der jungen Soldaten im Bürgerspital Solothurn sind dennoch motiviert und finden ihren Einsatz sinnvoll, obwohl es nicht immer genug Arbeit für sie gebe, ausser auf der Intensivstation. Keiner der Soldaten arbeitet im zivilen Leben in der Pflege. Dennoch fühlten sie sich vorbereitet für ihren Einsatz, sagen die Männer.
Nicht so Peter, der anonyme Soldat. Er findet, die Armee habe ihn schlecht vorbereitet, vieles habe dilettantisch gewirkt. Bis heute ist ihm nicht klar, wozu er Schiessübungen machen musste. Und warum sich die Soldaten gegenseitig mit Apfelmus füttern sollten, um so die Essenseingabe an Patienten zu üben. Peter betont aber, dass er sich eigentlich sehr auf den Einsatz gefreut habe. Er sei voll motiviert gewesen.
Kritik am Armeeeinsatz kommt aber nicht nur von Soldaten. Die Gruppe Giardino, ein Verein aus Militärfreunden, findet den Armeeeinsatz zwar richtig, aber man habe auch Glück gehabt, sagt Präsident Willi Vollenweider. Wenn das Horrorszenario überfüllter Spitäler eingetroffen wäre, hätten die Sanitätstruppen nicht mehr als Unterstützung gereicht.
Vollenweider fragt sich auch, warum die Schweiz nicht stark auf den Zivildienst gesetzt habe, so wie das Nachbarland Österreich. Natürlich sei der Zivildienst auch wichtig, kontert Divisionär Droz, aber im Gegensatz zu den Zivis könne die Armee auch Grenzen schützen.
«Zivildienst bewusst ausgegrenzt»
Beim Zivildienstverband zeigt sich Co-Präsident Samuel Steiner angriffig. Er unterstellt der Armee, dass sie die Zivis ausgegrenzt habe, um sich profilieren zu können: «Man wollte den Zivildienst bewusst klein halten, hat ihn sehr spät eingesetzt und nur mit 200 Leuten», so Steiner.
Ob die Armee mit ihrem Einsatz auch beste Werbung für sich machen konnte, wollte Brigadier Droz so nicht bestätigen. Es sei vielmehr eine Chance für die Sanitätstruppen, sich an vorderster Front zu zeigen. Die Armee habe diesen Einsatz nicht gesucht. «Es ist ein Auftrag des Bundesrats», so Droz.
Eine Operation wie Corona wirke aber sicher als Beschleuniger für die laufende Weiterentwicklung der Armee. Die Armee könne sehr viele Erkenntnisse gewinnen, die sie ohne diese Krise nicht hätte. Eine Analyse des gesamten Einsatzes sei schon in Auftrag gegeben worden, sagt der Brigadier, für ein genaueres Fazit sei es noch zu früh.
Spitäler sind zufrieden
Die Armee erhält auch viel Lob, unter anderem von Spitälern. Im Bürgerspital Solothurn ist CEO Martin Häusermann äusserst zufrieden, man habe die Armeesoldaten sehr gut einsetzen können. Auch im Universitätsspital bewertet Mediensprecher Nicolas Drechsler die Arbeit der Soldaten im Testzentrum für Corona-Patienten «als sehr, sehr positiv». Mit dem Rückgang der Corona-Fälle gebe es aber jetzt etwas weniger Arbeit für die Soldaten, so Drechsler weiter.
Nur gute Erfahrungen mit der Armeeunterstützung hat auch das Zürcher Triemlispital gemacht. Laut seiner Sprecherin Maria Rodriguez seien die Soldaten aber jetzt nicht mehr nötig, weil die Zahl der Corona-Patienten abnehme.