Wer im Verdacht steht, sich mit dem Coronavirus angesteckt zu haben, oder effektiv positiv getestet worden ist, muss in Isolation oder Quarantäne. Sie dauert in vielen Ländern unterschiedlich lange. In Deutschland sind es derzeit 14 Tage, in der Schweiz 10.
In Deutschland ist eine Debatte darüber ausgebrochen, ob die Dauer einer Selbstisolation zu Hause unter bestimmten Umständen auf fünf Tage verkürzt werden könnte. Die Frage nach der Dauer einer Quarantäne ist jetzt auch ein Thema bei den kantonalen Gesundheitsdirektoren.
Die Frage sei legitim, sagt Lukas Engelberger, Präsident der Gesundheitsdirektorenkonferenz (GDK): «Wir haben heute über 12'000 Personen in Quarantäne. Ich verstehe, dass das auch eine schwere Last ist für die Betroffenen und eine Behinderung für das Arbeitsleben.»
Man wolle sich aber nicht unter Druck setzen lassen, sagt Engelberger. «Die Quarantäne muss so lange dauern, wie es eben wissenschaftlich Sinn macht, um das Ansteckungsrisiko zu reduzieren.»
Fehlende Datenbasis
Gefragt sind also die Wissenschaftler, aber ihnen fehlen die notwendigen Daten für Antworten, sagt Biologe Sebastian Bonhoeffer von der ETH Zürich. Er ist Mitglied der Covid-19-Task Force des Bundes.
«Die Datenlage ist nicht gut. Mir sind keine Daten bekannt, aus denen man das genau ableiten könnte.» Personen müssten während der Quarantäne mehrfach getestet werden, nach fünf, acht oder zehn Tagen. «Anhand dieser Daten könnte dann genau bestimmt werden, wann eine Quarantäne optimal abgebrochen werden kann», erklärt Bonhoeffer.
Mehr Studien, und zwar jetzt, fordert auch die Virologin Alexandra Trkola von der Universität Zürich. Der Zeitpunkt dafür sei ideal. «Wir haben jetzt konstant genügend Personen in Quarantäne. Das kann man jetzt, wenn man es konsequent angeht, innert weniger Wochen ermitteln.»
Wieder ein Schulterschluss gefragt
Die Virologin leitet ein Labor und weiss, wie aufwändig und teuer das Testen ist. Die Wissenschaft brauche darum auch Unterstützung durch die Behörden. Am Montag steht das nächste Treffen zwischen den kantonalen Gesundheitsdirektoren und Innenminister Alain Berset an.
«Es braucht jetzt einen Schulterschluss zwischen den Behörden, wie man diese Phase der Quarantäne besser evaluieren kann, um die Fakten zu haben und mit Sicherheit sagen zu können, Ja, man kann verkürzen», sagt Trkola.
Engelberger unterstützt das: «Wenn die Wissenschaftler uns zeigen können, dass nach Tag 5 der Quarantäne nur noch wenige Fälle entdeckt werden, dann wäre es vermutlich sinnvoll, die Quarantäne zu verkürzen, um die Belastungen daraus zu reduzieren.»
Doch jetzt, wo die Fallzahlen in der Schweiz steigen und neue Lockerungen beschlossen wurden, sei eine verkürzte Quarantäne ein zu riskanter Versuch, mahnen die Wissenschaftler.