«Die Schülerinnen und Schüler...
... können Chancen und Risiken der Mediennutzung benennen und Konsequenzen für das eigene Verhalten ziehen» (Medien)
... können Programme mit Schleifen, bedingten Anweisungen und Parametern schreiben und testen.» (Informatik)
Mit diesen Worten definiert der Lehrplan 21 einige der Anforderungen des Moduls «Medien und Informatik». Zwei Kantone sind bereits daran, neun Kantone beginnen im Herbst mit der Umsetzung des Moduls, das aus Medienkunde, Anwendungskompetenzen und Kernwissen der Informatik besteht und bereits in der Primarschule beginnt.
Auf dem Papier klingt das einfach – doch ganz so reibungslos verläuft es nicht. Denn «Medien und Informatik» ist Neuland für Schulen, Kantone, Behörden, Lehrpersonen, Lehrmittelverlage und nicht zuletzt auch für Schülerinnen und Schüler.
Verspätung bei den Lehrmitteln
Ein Problem sind die Lehrmittel für das neue Modul. Denn erst eines von ihnen ist tatsächlich schon verfügbar:
- «inform@21» des Lehrmittelverlags St. Gallen, eben erschienen, für die 5. und 6. Klasse
Auf die beiden anderen Lehrmittel müssen die Schulen noch warten:
- «Einfach Informatik» des Klett-Verlags, ab dem Schuljahr 2018/19 verfügbar, 7. bis 9. Schuljahr
- «connected» des Lehrmittelverlags Zürich, ab dem Schuljahr 2019/20 verfügbar, mehrere Bände und Schulstufen
Die Lehrmittel erscheinen so knapp oder verspätet, «weil bei der Erarbeitung des Lehrplan 21 viel über Inhalt, Form und Stellenwert des Moduls diskutiert wurde», erklärt Marcel Gübeli, Direktor der Interkantonalen Lehrmittelzentrale (ILZ). Zudem hätten die Kantone entscheiden müssen, ob sie den Stoff als separate Lektionen oder integriert im Unterricht durchnehmen. «Entsprechend mussten die Verlage die Beschlüsse abwarten, bis sie mit der Entwicklung der Lehrmittel anfangen konnten», sagt Gübeli.
Die Lehrmittelverlage wissen darum erst seit rund einem Jahr, wie die Kantone das neue Modul tatsächlich umsetzen wollen – eine sehr kurze Zeit, um ein Lehrmittel zu entwickeln und herauszugeben. Der Druck auf die Verlage ist entsprechend gross.
Ausserdem muss jeder Kanton die einzelnen Lehrmittel evaluieren, bevor eines davon empfohlen oder obligatorisch wird. Alleine das dauert laut Marcel Gübeli im Durchschnitt ein Jahr. Bis sich also eines der Lehrmittel etabliert, dürfte es noch eine Weile dauern.
Keine Erfahrung im Informatikunterricht
Doch die Lehrmittel sind letztlich nicht die grösste Hürde bei der Umsetzung des neuen Moduls. Gravierender ist die mangelnde Ausbildung der Lehrpersonen. «Es fehlt den meisten von ihnen an Erfahrung, wie man Informatik unterrichtet. Und noch viel schlimmer: Sie hatten in der eigenen Ausbildung, in der eigenen Schulzeit, nie Informatik-Unterricht», sagt Beat Döbeli Honegger, der als Professor an der Pädagogischen Hochschule Schwyz arbeitet.
Die meisten Lehrpersonen hatten in ihrer eigenen Schulzeit nie Informatik-Unterricht.
Kurzum: Die meisten Lehrerinnen und Lehrer sind keine «Digital Natives», die mit Computern aufgewachsen sind. Sie müssen sich das Fachwissen erst einmal aneignen, ihnen muss Informatik erst einmal schmackhaft gemacht werden.
«Die Weiterbildung ist das Wichtigste. Lehrpersonen müssen überzeugt werden, warum so ein Modul wichtig ist und wie sie es gut unterrichten können. Lehrmittel sind sekundär», ist Döbeli überzeugt. Gerade für Primarlehrer, die mehrere Fächer unterrichten, ist die Herausforderung gross: Sie müssen jetzt auch noch in Informatik kundig werden.
Auch der Zürcher Stadtrat Gerold Lauber bestätigt, dass Bedarf nach Weiterbildung besteht: «Es braucht noch einiges. Der Kanton hat zwar Angebote zur Weiterbildung geschaffen. Die Nachfrage ist jedoch grösser als das Angebot», erklärte er an den Informatiktagen Zürich.
Andere Kantone – etwa Glarus und Schwyz – bieten bereits seit längerem Weiterbildungskurse an. Auch im Kanton Thurgau wird es Kurse geben, die speziell auf den Modullehrplan zugeschnitten sind, allerdings erst ab dem Schuljahr 2018/19.
Was die Umsetzung des Moduls «Medien und Informatik» im Lehrplan 21 angeht, gibt es also noch viel zu tun.