Schweiz - Kampfstiefel-Produktion zum Hungerlohn: Das sagen Parlamentarier
Die neuen Kampfstiefel der Schweizer Armee werden in Rumänien hergestellt. Die dortigen Arbeiterinnen bekommen dafür zwei Franken pro Stunde, wie die «Rundschau» aufdeckte. Was denken Mitglieder der sicherheitspolitischen Kommission zum Fall? Und sehen sie Handlungsbedarf?
«Ich musste staunen, als ich von dieser Vergabe hörte. Da die Armasuisse verantwortlich ist für die Beschaffungen der Armee, will ich von ihr nun wissen, wie es zum Entscheid kam, den Auftrag an diesen Produzenten weiterzugeben – und wer sonst noch im Rennen war. Denn diese Vergabe ist nicht gerade vorbildlich und kaum Image fördernd für die Schweiz. Ich habe nichts dagegen, dass im Ausland für die Armee produziert wird. Aber dies soll unter menschenwürdigen Umständen geschehen. Nun muss geprüft werden, wie der Vorschlag zum neuen Beschaffungsgesetz aussieht. Allenfalls gibt es dort Handlungsbedarf.»
2. Priska Seiler Graf (SP/ZH)
«Ich bin entsetzt. Hier sieht man die Auswüchse der Sparanstrengungen des Bundes, die schliesslich zu solchen Fällen führen. Das ist für das Image der Schweiz sicher schädigend. Ich denke, der Bund sollte auch im Beschaffungswesen eine Vorbildfunktion einnehmen. Besonders stossend ist ja, dass juristisch in diesem Fall alles korrekt abgelaufen ist, weil die Mindestlöhne bezahlt wurden. Auch wenn sie nicht zum Überleben reichen. Deshalb sehe ich klaren Handlungsbedarf: Es müssen Standards definiert werden, die einen solchen Fall unmöglich machen. Allerdings sehe ich wegen der aktuellen Mehrheitsverhältnisse im Parlament kaum Chancen, dass es dazu kommt. Momentan heisst es dort: Sparen um jeden Preis.»
3. David Zuberbühler (SVP/AR)
«Grundsätzlich wäre ich dafür, dass Produkte für die Schweizer Armee wenn immer möglich in der Schweiz hergestellt werden, um den Heimmarkt zu stärken, statt Arbeitsplätze und Know-how ans Ausland zu verlieren. Das dürfte dann auch etwas mehr kosten. Im Falle der Kampfstiefel müsste dies ebenfalls geprüft werden. Allerdings ist fraglich, ob es hierzulande überhaupt noch einen Schuhproduzenten gibt, der sie zu konkurrenzfähigen Preisen produzieren könnte. Gegenüber sozialen- oder ökologischen Mindeststandards im Beschaffungsgesetz bin ich aber skeptisch eingestellt: Das würde bedeuten, dass bei jedem Produkt, das der Bund im Ausland bestellt, vor Ort abgeklärt werden müsste, ob die Standards eingehalten werden. Das hätte meines Erachtens einen immensen bürokratischen Aufwand zur Folge.»
4. Balthasar Glättli (Grüne/ZH)
«Der vorliegende Fall ist stossend, auch wenn ich ihn nicht im Detail kenne. Er ist ein gutes Beispiel dafür, dass beim Beschaffungswesen des Bundes unbedingt soziale- und ökologische Standards festgelegt werden müssen. Das gilt nicht nur für die Armee. Die öffentliche Hand muss nicht nur Qualität bei den Produkten sicherstellen, sondern auch bei den Produktionsbedingungen.»
5. Walter Müller (FDP/SG)
«Diesen Einzelfall kann ich nicht beurteilen. Aber ich denke, es liegt ein Systemfehler vor, wenn bei Vergaben immer nur die billigsten Anbieter den Zuschlag bekommen. Dann kommt es zu derartigen Situationen. Nun muss man prüfen, wie man diesen Systemfehler beheben kann. Allerdings muss man auch bedenken: Wenn zum Beispiel bei einer Direktvergabe bewusst ein teurerer Anbieter ausgewählt wird, führt dies meist auch zu öffentlicher Kritik. Mit dem Argument der Steuergeldverschwendung.»
6. Beat Flach (GLP/AG)
«So ein Fall müsste verhindert werden – und das wäre leicht zu schaffen: Man muss einfach im Beschaffungsgesetz Sozialstandards aufnehmen, an die man sich halten muss. Es kann nicht sein, dass der Preis praktisch das einzige Kriterium ist, wenn Aufträge ausgeschrieben werden. Auch die Herstellungsprozesse, Sozialstandards und die Länge der Transportwege müssten zwingend als Kriterien festgelegt werden. Aber die Problematik gilt nicht nur beim Bund: Auch jeder Bürger sollte sich zum Beispiel beim Kauf von günstigen Kleidern fragen, wie viel Geld wohl die Schneiderin in Asien dafür bekommen hat.»
7. Rosmarie Quadranti (BDP/ZH)
«Ein reiches Land mit einer humanitären Tradition wie die Schweiz kann es sich nicht leisten, Produzenten im Ausland unanständig zu behandeln. Deshalb steht für mich ausser Frage, dass das Beschaffungsgesetz so angepasst werden muss, dass soziale- und ökologische Mindeststandards einzuhalten sind. Ganz grundsätzlich finde ich aber: Die Armee lebt von Steuergeldern – und die soll sie auch in der Schweiz umsetzen, trotz Submissionsverordnung. Ich kaufe auch bei mir im Dorf ein und gehe nicht nach Deutschland, wo es billiger ist.»
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Aus 'Rundschau' vom 16.11.2016 (Link zur Sendung),
20:55 Uhr
Zwei Franken pro Stunde
Aus Rundschau(Link zur Sendung) vom 16.11.2016,
20:55 Uhr
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