- Der Kanton Tessin, die Stadt Bellinzona und die SBB haben eine Absichtserklärung über den Bau eines neuen SBB-Industriewerks für den Fahrzeugunterhalt unterzeichnet.
- Damit wurde nach einer zehn Jahre dauernden Auseinandersetzung um die Zukunft der Tessiner Bahnwerkstätte ein Ausweg gefunden.
Es ist ein gutschweizerischer Kompromiss, der zwischen den SBB und dem Kanton Tessin und der Stadt Bellinzona getroffen wurde. Einerseits werden die Industriewerkstätte aus Bellinzona wegverlegt und Arbeitsplätze abgebaut, aber andererseits ist jetzt sichergestellt, dass das für das Tessin wirtschaftlich wichtige Industriewerk im Kanton bleibt.
Die beteiligten Parteien wollen in der Region Bellinzona einen neuen Industriepol und «Europas modernste Bahnwerkstätte» schaffen, wie SBB-Chef Andreas Meyer sagt. Er hatte zuvor zusammen mit den Tessiner Regierungsräten Christian Vitta und Claudio Zali, dem Stadtpräsidenten von Bellinzona, Mario Branda, dem Leiter von SBB Operating, Thomas Brandt, und dem Leiter von SBB Immobilien, Jürg Stöckli, in Bellinzona die Absichtserklärung unterzeichnet.
Urbane Nutzung des heutigen Standorts
In dem geplanten neuen Werk sollen ab 2026 etwa 200 bis 230 Menschen beschäftigt sein. Im bisherigen Werk sind 350 Personen beschäftigt. Der Abbau soll über die natürliche Fluktuation erfolgen. Die geplanten Investitionen belaufen sich insgesamt auf 360 Millionen Franken.
Parallel zum Bau des neuen Werks an einem noch nicht definierten Standort im Norden Bellinzonas ist die urbane Umnutzung des Areals des heutigen SBB-Industriewerkes in der Stadt selbst vorgesehen. Die günstig in Bahnhofsnähe gelegene Zone der Stadt Bellinzona soll stadtplanerisch entwickelt und aufgewertet werden.
Der Kanton Tessin und die Stadt Bellinzona tragen mit 120 Millionen Franken dazu bei. Sie übernehmen eine grosse Fläche des aktuellen Standortes, wo unter anderem ein Technologiepol mit hunderten qualifizierten Arbeitsplätzen entstehen soll.
Neuer Standort im Nordtessin
Der Standort des neuen Industriewerks, das voraussichtlich 2026 fertiggestellt wird, soll in der Region Bellinzona liegen und die logistische Basis für den Verkehr auf der Nord-Süd-Achse und für die Flotte von SBB Personenverkehr werden.
Dazu gehört die Instandhaltung der neuen Triebzüge «Giruno», die ab 2019 zum Einsatz kommen, und der Regionalverkehrszüge von TILO sowie die Instandhaltung des Hochgeschwindigkeits-Neigezugs ETR 610.
Zehn Jahre Kampf
Gewerkschaften, Belegschaft und Behörden kämpfen seit zehn Jahren um den Erhalt des SBB-Industriewerkes im Tessin, das zur wirtschaftlichen DNA des Kantons gehört.
Vor zehn Jahren streikte die Belegschaft mit breiter Unterstützung der Bevölkerung über einen Monat lang gegen die von der SBB geplante Schliessung des Werks. Die SBB musste angesichts des grossen Widerstands, der bis zu Regierungsspitze reichte, schliesslich klein beigeben. Jedoch blieb immer eine Unsicherheit bei der Belegschaft über die Zukunft ihrer Arbeitsplätze bestehen.