Bunte Korallen und Schwärme von Fischen, die durch sie hindurchschwimmen – im Roten Meer scheint die Unterwasserwelt noch in Ordnung. Tatsächlich: Während Korallenriffe wie das Great Barrier Reef in Australien stark unter dem Klimawandel leiden, sind die Korallen etwa in Dschibuti in einem besonders guten Zustand. Warum ist das so und wie kann man sie erhalten? Die Frage mobilisiert nicht nur Forscherinnen und Forscher der ETH Lausanne, sondern auch die Schweizer Diplomatie.
Bald letzte Korallen weltweit
«Die meisten Korallen der Welt ertragen etwa 1.5 Grad mehr als die aktuellen Sommerhöchsttemperaturen», erklärt Anders Meibom, Professor an der ETH Lausanne. «Die Korallen des Roten Meeres sind einzigartig, denn sie halten bis zu 5 Grad höhere Temperaturen aus.»
Werde das Wasser zu warm, würden die Korallen ausbleichen und könnten absterben, so Meibom. Wegen der globalen Erwärmung dürften bereits Mitte des Jahrhunderts nur noch 10 Prozent der Korallen weltweit überleben. Das Rote Meer sei darum das letzte mögliche Schutzgebiet.
Schweizer Forschende im Roten Meer
Eintauchen, Fotografieren und Proben sammeln – das sind die Hauptaufgaben der Forschungsexpedition in Dschibuti letzten September. Die Proben werden anschliessend am «Transnational Red Sea Center» der ETH Lausanne analysiert und die DNA der Korallen sequenziert, um deren biologische Prozesse zu verstehen. Zudem werden die Korallenriffe kartografiert, um spätere Veränderungen genau dokumentieren zu können.
Die aussergewöhnliche Hitzeresistenz der Korallen liege an ihrer Geschichte: «Sie waren in ihrer Evolution in verschiedenen Bereichen des Roten Meeres unterschiedlichen Temperaturen ausgesetzt, darum sind sie an wärmeres Wasser akklimatisiert», erklärt Meibom. Darum sei es wichtig, alles zu tun, um die Korallen zu erhalten.
Diplomaten fördern Wissenschaft und Zusammenarbeit
Nebst dem Kleinstaat Dschibuti hat das Rote Meer noch sieben weitere Anrainer-Staaten: Eritrea, Sudan, Ägypten, Israel, Jordanien, Saudi-Arabien und Jemen. Es ist eine Region nicht ohne politische Spannungen – doch mit gemeinsamen Interessen: «Jegliche Verschmutzung der Gewässer breitet sich aus, ohne Rücksicht auf Grenzen», sagt Anders Meibom. Darum müssten die Länder zusammenarbeiten und gemeinsame Umweltschutzstrategien verfolgen.
Hier kommen die Schweizer Diplomaten ins Spiel. Sie fungieren als Türöffner auf höchster Ebene, um die Staaten zur Mit- und Zusammenarbeit zu bringen – in Dschibuti etwa Botschafter Pietro Mona. Via die Wissenschaft könne die Schweiz auch die nachhaltige Entwicklung und Sicherheit der Staaten fördern: «Die Idee ist es, mit einem apolitischen Thema wie dem Schutz des Roten Meeres, Vertrauen aufzubauen und eine Zusammenarbeit zu fördern – die Staaten dann idealerweise in anderen Bereichen fortführen», so Mona.
So soll die Wissenschaft der Diplomatie helfen – und umgekehrt, um zumindest die Korallen des Roten Meeres ins nächste Jahrhundert zu retten.