Grösstenteils vermummte und gewalttätige Personen aus der linksautonomen Szene sind vergangene Nacht durch den Zürcher Stadtkreis 4 gezogen. Wie die Stadtpolizei Zürich in einem Communiqué mitteilte, wurden bei den Ausschreitungen sind Polizistinnen und Polizisten verletzt. Mehrere Beamte erlitten Augen- oder Gehörverletzungen und mussten in Spitalpflege.
Marco Cortesi, Chef des Mediendienstes der Stadtpolizei Zürich, sagte der «Tagesschau», die Ausschreitungen hätten Dimensionen, wie man sie in den letzten zehn Jahren ganz sicher nicht gesehen habe:
«Es war eine extreme Gewaltbereitschaft. Man hat in Kauf genommen, dass Leute sehr schwer verletzt werden könnten. Man hat beispielsweise eine brennende Fackel in ein Polizeiauto geworfen und ein Restaurant völlig zerstört, in dem Leute ganz friedlich am Nachtessen waren.» Der Sachschaden beträgt nach Einschätzungen der Polizei mehrere hunderttausend Franken.
Autos angezündet
Der Protest begann am Freitagabend um 22.15 Uhr. Bei der Polizei gingen zu dieser Zeit erste Meldungen ein, bei der Sihlhölzlianlage befinde sich ein Menschenzug auf der Strasse. Laut der Stadtpolizei marschierten 150 bis 200 Personen durch den Kreis 4. Dabei wurden mehrere Autos und Container von den Randalierern in Brand gesetzt und Geschäfte geplündert. Auch Polizeifahrzeuge wurden massiv beschädigt.
Die Polizei konnte den Hauptzug um Mitternacht mit Gummischrot und Wasserwerfern auflösen. Im Gebiet Europaallee und Lagerstrasse kam es zu weiteren Scharmützeln. Ein Grossaufgebot von Stadt- und Kantonspolizei stand noch bis 02.30 Uhr im Einsatz.
Betroffen war auch der öffentliche Verkehr. Laut einer Mitteilung der Verkehrsbetriebe Zürich (VBZ) waren Tram- und Busbetrieb im Raum Militär-/Langstrasse zeitweise blockiert.
«Reclaim the Street»
Die «Demonstration» war laut Polizei unbewilligt. Auf Videos, die im Internet veröffentlicht wurden, sieht man Demonstranten mit einem Transparent, das den Schriftzug «Reclaim the Street» trägt («Verlangt die Strasse zurück»).
Die Abklärungen der Polizei zu den Ausschreitungen sind laut Marco Cortesi noch im Anfangsstadium. In ersterer Linie gehe es nun darum, den Spurenschutz zu sichern. Neben den vier bereits Festgenommenen, würden mögliche weitere Täter eruiert, um sie zur Verantwortung ziehen zu können.
«Das politische Motiv oder die Hintergründe sind erst in zweiter Linie gefragt. Auf ersten Blick ist aber kein Motiv wirklich ersichtlich», sagte Cortesi.