Das wichtigste in Kürze:
- Neu darf einer Frau mitgeteilt werden, wenn die Zahl Chromosomen eines Embryos von der normalen Zahl von 46 abweicht.
- Bisher durfte erst bei einer vorgeburtlichen Untersuchung während einer Schwangerschaft gesagt werden, dass z.B. eine Trisomie 21 (Down Syndrom) vorliegt.
- Deshalb erhöht sich mit dem revidierten Fortpflanzungsgesetz die Wahrscheinlichkeit erfolgreicher Schwangerschaften nach In-vitro-Fertilisationen.
- Es kommt zu weniger Embryotransfers, weil schlecht entwickelte Embryonen nicht mehr eingesetzt werden.
- Wenn die Gefahr einer Erbkrankheit besteht, darf neu das Erbgut von Embryonen und Keimzellen untersucht werden.
Für Peter Fehr, ein Pionier der Reproduktionsmedizin in der Schweiz, ist klar, dass das revidierte Fortpflanzungsgesetz, Link öffnet in einem neuen Fensterim Browser öffnen grosse Verbesserungen für alle Paare mit unerfülltem Kinderwunsch bringt, welche In-vitro-Fertilisation IVF (Vereinigung einer Samenzelle mit einer Eizelle ausserhalb des Körpers einer Frau) in Anspruch nehmen: «Es wird mehr Schwangerschaften geben, die Erfolgsrate wird steigen», sagt der Leiter der Zürcher Klinik OVA IVF gegenüber SRF.
Bisher war es Reproduktionsmedizinern nicht erlaubt, einer Frau mitzuteilen, wenn die Zahl Chromosomen bei einem Embryo nicht stimmte. Das war erst im Rahmen einer vorgeburtlichen Untersuchung bei einer Schwangerschaft möglich. Deshalb erlitten viele Frauen auch Fehlgeburten. Aus diesem Grund wichen zahlreiche Schweizerinnen auf Reproduktionskliniken im Ausland aus: Dort wurden sie darüber informiert, wenn die Zahl der Chromosomen bei in-vitro erzeugten Embryonen nicht stimmte.
Weitere Verbesserungen
Neu dürfen bis zu maximal 12 Embryonen weiterentwickelt werden. So steigt die Chance, dass einer Frau ein einzelner, gut entwickelter Embryo eingesetzt werden kann. Laut Peter Fehr wird es deshalb weniger «unnötige» Embryotransfers geben, weil schlecht entwickelte Embryonen nicht mehr verwendet werden. Auch die Schweizerische Gesellschaft für Reproduktionsmedzin SGRM begrüsst das revidierte Fortpflanzungsgesetz in einer Medienmitteilung: «Die psychischen Belastungen und die Anzahl an risikoreichen Mehrlingsschwangerschaften sinken dramatisch.»
2015 liessen sich in der Schweiz 6'055 Frauen behandeln, 2'020 Kinder kamen mit «medizinisch unterstützter Fortpflanzung» auf die Welt. Das sind 2.37 Prozent aller Geburten – gemäss Bundesamt für Statistik BfS wurden 2015 85'284 Kinder entbunden.
Wenn die Gefahr einer Erbkrankheit oder sonst einer schweren Krankheit besteht, darf das Erbgut von Embryonen neu auch mit Präimplantationsdiagnostik (PID) genetisch untersucht werden. Die Auswahl des Geschlechts eines Kindes ist auch unter dem neuen Gesetz verboten. Peter Fehr: «Das Geschlecht darf nur dann als Kriterium dienen, wenn eine vererbte Krankheit nur bei einem Geschlecht auftreten kann.»