Die Ökonomen der Konjunkturforschungsstelle Bakbasel haben festgestellt, dass die Zahl der Angestellten am untersten Ende und die Zahl der Schwer- und Superreichen am obersten Ende der Lohnskala abgenommen haben. Deshalb hat für die Bakbasel die Lohnungleichheit im untersuchten Zeitraum zwischen 2007 und 2012 leicht abgenommen.
Martin Eichler, Chefökonom der Bakbasel, begründet die Abnahme der Zahl der Schlechtverdienenden: «Zum Beispiel haben die Initiativen der Gewerkschaften – die 3000 Franken-Initiative oder auch der Mindestlohn von 4000 Franken, den viele Arbeitgeber mittlerweile freiwillig bezahlen – dazu geführt, dass am unteren Ende die Löhne etwas stärker gestiegen sind.» Dazu zeigten auch die flankierenden Massnahmen bei der Personenfreizügigkeit Wirkung, so der Ökonom.
Flexibler Arbeitsmarkt bewährt sich
Das Engagement der Linken und Gewerkschaften hat also dazu geführt, dass die schlecht Verdienenden nicht noch weniger verdienen. Entgegen mancher Ökonomenmeinung hat dies auch nicht dazu geführt, dass diese Leute wegen zu hoher Löhne keinen Job mehr finden. Bis jetzt zumindest.
Hinzu kommt: Der Schweizer Arbeitsmarkt ist sehr flexibel. Arbeitgeber können relativ einfach Angestellte entlassen, wenn die Konjunktur zum Beispiel nicht läuft, dafür aber auch einfach neue Leute einstellen, wenn es wieder aufwärts geht.
Das führt zu einem Arbeitsmarkt, der sich mit dem Gang der Wirtschaft bewegt. Wer arbeitslos wird, hat eher die Chance, wieder eine Stelle zu finden als in überregulierten Ländern wie Frankreich oder Italien.
Superreiche zollen schwächelnden Finanzmärkten Tribut
Weniger stark zugenommen hat in der Schweiz auch das Einkommen der Schwer- und Superreichen. Martin Eichler : «Sie haben zugenommen, aber der Zuwachs war kleiner. Dies hängt jedoch sehr stark mit der Entwicklung an den Finanzmärkten zusammen, die in den letzten Jahren eine sehr schwierige Phase durchgemacht haben. Und das schlägt sich dort eben nieder.»
Das heisst: Sobald die Zinsen wieder steigen, steigt auch das Einkommen der Reichen und Superreichen wieder, da der Hauptteil ihres Einkommens nicht aus Lohnarbeit besteht.
Lohnverteilung als politisch-gesellschaftlicher Entscheid
Im internationalen Vergleich liegt die Schweiz puncto Lohnungleichheit im Mittelfeld. «Es gibt Länder, die noch gleicher sind – etwa in Skandinavien. Es gibt aber auch viele Länder, die noch deutlich ungleicher sind. Nicht nur im angelsächsischen Raum, sondern auch in Kontinentaleuropa.»
Die Verteilung der Löhne ist laut Eichler häufig ein politisch-gesellschaftlicher Entscheid. In Skandinavien beispielsweise sind auch sehr gut Verdienende bereit, hohe Sozialabgaben zu entrichten, die Schwachverdienenden zugute kommen. In angelsächsischen Ländern ist das viel weniger der Fall. Die Lohnungleicheit ist dort deshalb grösser.
Auch in der Schweiz besteht der Eindruck, dass sich die Lohnschere ständig weiter öffnet. Laut Bakbasel hat dies damit zu tun, dass Medien und Politiker jeweils jene statistischen Zahlen verwenden, die ihnen passen. Betrachte man die gesamte Lohnstruktur, sei dies aber nicht der Fall.