- Bundeskanzler Walter Thurnherr (Mitte) will Ende Jahr nicht mehr zur Wiederwahl antreten.
- Der 60-Jährige hat seit acht Jahren das Amt als Bundeskanzler inne. Als solcher führt er die Geschäfte des Bundesrates. Der Bundeskanzler wird auch als «achter Bundesrat» bezeichnet.
- Thurnherrs Nachfolge wird am 13. Dezember bei der Gesamterneuerungswahl des Bundesrats bestimmt.
Laut Thurnherr hat seine Rücktrittsankündigung nichts mit der Ambiance im Bundesrat zu tun. «Die Stimmung ist sehr gut.» Er bezeichnete die laufende Legislatur jedoch als «schlimmste seit dem Zweiten Weltkrieg».
Eine Krise habe die nächste gejagt, sagte Thurnherr vor den Medien in Bern. Er hob die «sehr dramatische Pandemiephase» hervor, und auch die CS-Notübernahme sei nicht spurlos am Land vorbeigezogen.
Lob an den Bundesrat
Der Bundesrat sei all diese Krisen «sehr konstruktiv und positiv» angegangen. Das sei auch ein Grund dafür, dass es der Schweiz im Vergleich mit anderen Ländern sehr gut gehe. «Wir haben praktisch keine Inflation, eine tiefe Arbeitslosigkeit, günstige Studienmöglichkeiten und ein gutes Gesundheitswesen», betonte Thurnherr.
Anders als vor 34 Jahren bei seinem Eintritt in die Bundesverwaltung sei der Spirit im Land, so der scheidende Bundeskanzler. Die Aufbruchstimmung sei von einer fatalistischen Stimmung abgelöst worden. Viele hätten sich damit abgefunden, dass die Situation nicht besser werde, sondern schlechter.
In der Öffentlichkeit schuf sich Walter Thurnherr vor allem mit ausgefeilten, rhetorisch guten Reden einen Namen. Sachpolitisch beschäftigte er sich in den vergangenen Jahren unter anderem mit der Aufarbeitung der Coronakrise, der Digitalisierung der Bundesverwaltung und mit dem Dossier der elektronischen Stimmabgabe.
Nachfolge wird im Dezember geregelt
Thurnherrs Nachfolge wird am 13. Dezember geregelt – am gleichen Tag wie die Gesamterneuerungswahl des Bundesrats. Dann wird auch der Nachfolger oder die Nachfolgerin von SP-Bundesrat Alain Berset bestimmt, der im Juni seinen Rücktritt angekündigt hat. Für Walter Thurnherr spielt die Parteizugehörigkeit seiner Nachfolgerin oder seines Nachfolgers keine Rolle, wie er am Nachmittag vor den Medien erklärte.
Der 60-Jährige hat noch keine Pläne geschmiedet, was nach seiner Zeit in der Verwaltung kommen wird. «Ich habe keine Ahnung, was ich tun werde.» Für ihn gebe es aber auch Dinge neben der Politik, die ihn interessierten.