Früher mussten Banken ihren Kunden auf deren Einlagen hohe Zinsen bezahlen – in Milliardenhöhe. Heute zahlen Banken Kleinsparern fast keinen oder sogar gar keinen Zins mehr auf dem Sparkonto – wie etwa die UBS.
Als erste grosse Schweizer Bank senkte die UBS im Juni den Zins auf den Sparkonti auf null Prozent. Die Frage ist: Sind gar Negativzinsen bald an der Tagesordnung? Müssen Kleinsparer also bald bezahlen, wenn sie Geld bei einer Bank parkieren wollen? Firmen und Reiche müssen dies bereits jetzt tun.
Ob die Banken die Negativzinsen tatsächlich irgendwann auch auf Kleinsparer abwälzen, ist unklar. Klar ist, keine Bank will die erste sein. Zu gross ist die Angst, Kunden an andere Banken zu verlieren.
Geschäftsbanken unter Druck
Das Zinsgeschäft ist für die Banken zur Herausforderung geworden. Wegen der Zinspolitik der Notenbanken wirft es wenig bis gar nichts mehr ab. Der tiefe Leitzins hat etwa dazu geführt, dass die Margen im Geschäft mit Obligationen und Hypotheken unter Druck gekommen sind.
Dazu kommt: Mit einem Leitzins von minus 0.75 Prozent müssen die Geschäftsbanken Strafzinsen bezahlen, wenn sie bei der Schweizerischen Nationalbank Geld aufbewahren. Ziel ist, dass Geschäftsbanken das Geld nicht bei Notenbanken liegen lassen, sondern damit günstige Kredite an ihre Privat- und Firmenkunden vergeben.
Firmen sollten mit den günstigen Krediten investieren und damit die Wirtschaft ankurbeln – so die Idee. Deshalb senkten die grossen Notenbanken nach der Finanzkrise ihre Leitzinsen – um die ins Stocken geratene Wirtschaft wieder zum Laufen zu bringen.
Zentralbanken haben es in der Hand
Seither bewegen sich die Leitzinsen nur in eine Richtung: nach unten. Und dies obwohl es der Wirtschaft längst wieder besser geht und die Wirksamkeit der Negativzinsen zunehmend umstritten ist. Unter anderem weil sie die Vorsorge belasten. Pensionskassen müssen auch Negativzinsen bezahlen und damit kommen die Negativzinsen auch beim Kleinsparer an.
Sinkende Renten sind also auch der Geldpolitik geschuldet. Die verkehrte Zinswelt ist deshalb Thema in der Politik. In der Schweiz wird zum Beispiel diskutiert, was mit den Negativzinsen, die die Schweizerische Nationalbank einnimmt, passieren soll. Eine parlamentarische Initiative fordert zum Beispiel, dass die Negativzinsen in die Altersvorsorge fliessen. Das neue Parlament wird diese Frage diskutieren müssen.
Nicht nur in der Schweiz sorgen die tiefen Zinsen für Diskussionen, sondern auch in Deutschland. Kleinsparer würden ausgeraubt, enteignet, abgezockt. Sie hätten zudem nicht das nötige Kleingeld, um in Aktien oder Immobilien zu investieren und auf diesem Weg zu sparen und ihr Geld zu vermehren. So ungefähr lief die Debatte in den Wochen, nachdem EZB-Chef Mario Draghi Mitte September den Leitzins noch einmal gesenkt hatte. Stimmt das? Oder ist das ein Mythos?
Sind die Sparer die Verlierer?
«Für die Pensionskassen und die Sparer ist es natürlich eine schwierige Situation, wenn wir so tiefe Zinsen haben», sagte Nationalbankpräsident Thomas Jordan im September bei der vierteljährlichen Lagebeurteileung der SNB. Für einen stabilen Schweizer Franken seien die Negativzinsen allerdings nötig.
Auf dem Sparkonto sieht die Situation tatsächlich prekärer aus, als dass sie ist. Zwar sind die Zinserträge in den letzten Jahren gefallen. Weil aber die Teuerung fast inexistent ist, resultiert unter dem Strich ein ähnlicher Realzins, wie in Zeiten von hohen Zinsen. Insofern lohnt sich Sparen also heute noch, zumal auch keine Inflation da ist, die das Ersparte wegfrisst.
Das Konzept der Teuerung ist allerdings umstritten. Die Teuerung wird gemessen mit einem Warenkorb, ist also ein Mix aus Preisen von verschiedenen Gütern und Dienstleistungen (siehe Grafik unten). In der Schweiz sind dabei zum Beispiel die Krankenkassenprämien nicht enthalten. Diese sind in den letzten Jahren aber stark angestiegen.
Grundsätzlich sei die Teuerung sowieso sehr individuell, sagen Kritiker des Konzepts zudem. Zum Beispiel haben ältere Menschen eine höhere Teuerung als junge Leute. Das hängt zum Beispiel damit zusammen, dass sie mehr teurer werdende Gesundheitsleistungen nachfragen. Junge Menschen wiederum kaufen mehr technologische Produkte, die im Vergleich günstiger geworden sind.