Die Kälte in der Schweiz treibt die Obdachlosen in die Notschlafstellen. In Basel sind das auch immer wieder Arbeitsmigranten – junge Männer aus EU-Ländern, die mit der Personenfreizügigkeit in die Schweiz kommen, aber keine Arbeit finden.
Sie haben zu wenig Geld, um sich eine Unterkunft zu leisten und müssen auf der Strasse übernachten. An kalten Tagen wie jetzt sei das gefährlich, sagt Claudia Adrario von der Basler Obdachlosen-Organisation «Soup & Chill».
Das Allerwichtigste ist: Auf Basels Strassen darf niemand erfrieren.
Gratis Übernachtung in Notschlafstelle gefordert
Adrario fordert daher, dass Arbeitsmigranten gratis in der Notschlafstelle des Kantons übernachten können. «Das Allerwichtigste ist: Auf Basels Strassen darf niemand erfrieren.» Darin sind sich in Basel alle einig.
Doch ist ein Streit darüber entbrannt, wie lange Arbeitsmigranten auf der Notschlafstelle bleiben dürfen. Die Basler Behörden befürchten, dass Arbeitsmigranten einheimische Obdachlose aus der Notschlafstelle verdrängen könnten.
Wir brauchen immer eine gewisse Anzahl leere Betten, damit die hiesigen Obdachlosen auch noch spät abends Platz haben.
In einer eiskalten Nacht sollen sie einmal auf der Notschlafstelle bleiben dürfen, findet etwa Regierungsrat Christoph Brutschin. Dass sie mehrere Tage hintereinander dort zu übernachteten und die Notschlafstelle als Hotel benutzten, komme aber nicht in Frage.
«Wir brauchen immer eine gewisse Anzahl leere Betten, damit die hiesigen Obdachlosen noch Platz haben, wenn sie sich – oft sehr spät abends – entscheiden, ob sie in die Notschlafstelle gehen oder nicht.»
Geteilte Meinungen auch bei Obdachlosen-Organisationen
Bei den Obdachlosen-Organisationen gehen die Meinungen auseinander. Während die einen Arbeitsmigranten gratis übernachten lassen wollen, sind andere dagegen, wie etwa die Gassenküche, die für einen kleinen Betrag Essen an Bedürftige abgibt.
Sie wisse aus jahrelanger Erfahrung in der Gassenarbeit, dass Gratisangebote weitere Arbeitsmigranten anlockten, sagt Gassenküche-Leiterin Brigitta Tschäppeler.
Runder Tisch soll Lösung finden
Ob das Zürcher Modell einer privaten Notschlafstelle für Arbeitsmigranten ein gangbarer Weg ist – darüber diskutieren nun in Basel Behörden und Obdachlosen-Organisationen an einem runden Tisch. Das Ziel ist, für den nächsten Winter eine gute Lösung zu haben.
Zürich machts vor
Auch in Zürich sind Arbeitsmigranten in der städtischen Notschlafstelle nicht willkommen. Seit fünf Jahren springt dafür die private Obdachlosen-Organisation von Pfarrer Sieber in die Bresche. Sie betreibt eine Notschlafstelle nur für Arbeitsmigranten. |
Das Angebot habe sich bewährt. Es sei sinnvoll, Arbeitsmigranten getrennt von anderen Obdachlosen unterzubringen, weil sie andere Bedürfnisse hätten, sagt Stefan Haun, der die Notschlafstelle leitet. |
«Bei uns geht es vor allem darum, die Leute zu informieren – wie die Schweiz funktioniert, wo es Chancen auf dem Arbeitsmarkt gibt. Zudem klären wir zusammen mit den Leuten ab, ob sie in der Schweiz überhaupt eine Perspektive haben.» Gegebenenfalls organisiere man mit den Betroffenen auch die Rückkehr in ihr Heimatland. |
Die Arbeitsmigranten dürfen dort höchstens zehn Tage gratis übernachten. Dass ein solches Angebot eine Sogwirkung haben könnte, wie das auch die Zürcher Behörden befürchten, hält Haun für unwahrscheinlich. Die Auslastung der 25 Plätze liege durchschnittlich bei 17 Gästen pro Nacht. |