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Schweiz Ogi: «Blocher führt das Land in die totale Isolation»

Schweizer Recht vor Völkerrecht – dieser politische Vorstoss der SVP sorgt in der Partei nicht nur für Zustimmung. Alt Bundesrat Adolf Ogi bezeichnet den aktuellen Parteikurs im Interview mit der «SonntagsZeitung» als Blindflug. Der «Tagesschau» hat er seine Gründe für seine Kritik erläutert.

Alt SVP-Bundesrat Adolf Ogi ist empört über die jüngsten Initiativpläne, die Christoph Blocher in der SVP angestossen hat. Er fordert seine Partei auf, sich davon zu distanzieren: Die «vernünftigen SVPler» müssten «jetzt aufstehen und Blocher stoppen». Das sagte Ogi in einem Interview mit der «SonntagsZeitung».

Ogi hat eine klare Meinung zur derzeitigen Politik der Volkspartei: «Das ist eine momentane Katastrophe und ein Blindflug», erklärte er in dem Interview. Konkret verweist er auf die angenommene SVP-Zuwanderungsinitiative, auf die Pläne für Initiativen zur Beschränkung des Asylrechts und zur Gültigkeit des Völkerrechts, aber auch auf den «Angriff» auf die Bilateralen.

Damit «führt Blocher das Land in die totale Isolation», sagte der Berner. Die Radikalisierung schade dem Land. «Als Unternehmer müsste er doch sehen, dass er mit seiner Abschottungspolitik und seinem irrationalen Hass auf Europa die Schweiz in die schwierigste Lage seit 1848 führt.»

Ogi sieht gefährliche Entwicklung

Im Interview mit der «Tagesschau» erklärt Adolf Ogi exklusiv seine Gründe für die starke Kritik am aktuellen Kurs der Partei. «Diejenigen, die mich aufgefordert haben, gehören dem National- und Ständerat an. Die machen sich Sorgen um unsere Partei.» Auch Leute von der Strasse hätten ihn angesprochen und ihm gesagt: «So geht es nicht mehr.»

Man solle im Interesse des Landes dienen und die Radikalität aufgeben, fordert der alt Bundesrat im SRF-Interview. Der aktuelle Kurs der SVP treibe das Land in die Isolation, «weil wir keine Partner mehr finden, die mit uns Handel betreiben wollen» und «weil wir nicht das Volk sind, das besser ist als die anderen». Dieser Hass gegenüber Europa sei nicht angebracht und werde nicht mehr verstanden.

Angesprochen auf die angekündigten SVP-Initiativen zur Beschränkung des Asylrechts und zum Völkerrecht, glaubt der alt Bundesrat, dass dieses Vorgehen langfristig vom Volk nicht honoriert werde. «Viele Leute denken wie ich, aber sie trauen es nicht mehr zu sagen. Das ist nicht gut. Das ist sogar gefährlich.»

Wunsch nach Kompromissfähigkeit

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«Wenn wir Blocher so weiterfahren lassen, wird die Partei sehr bald Wähler verlieren», sagt Ogi in der «SonntagsZeitung». Auf einen zweiten Bundesratssitz könne die SVP derzeit auch kaum hoffen.

Als «vernünftige» Parteimitglieder bezeichnete Ogi mehrere Politiker: «Es gibt doch einen Hannes Germann oder einen Peter Spuhler, Albert Rösti, Roland Eberle oder andere.» Ogi ermuntert diese Politiker, sich mit einer «kompromissbereiten Politik» um den zweiten SVP-Bundesratssitz zu bewerben. Sie müssten «antreten, auch gegen Blochers Willen und den Mainstream in der Partei».

«Hoffungsträger» wollen sich nicht widersetzen

Roland Eberle indes meint gegenüber SRF: Wenn es über die «SonntagsZeitung» einen Putsch-Aufruf gebe, dann spiele er nicht mit. Genauso wenig will das Albert Rösti tun, den Ogi ebenfalls als «vernünftigen SVPler» sieht. Rösti sieht sich als klarer Befürworter der geplanten Initiativen zu Asyl- und Völkerrecht.

Auch SVP-Fraktionschef Adrian Amstutz äusserte sich kritisch. Ogi dürfe selbstverständlich sagen, was er wolle. Zu bedenken gelte es aber eines: «Unter Ogi war die SVP noch eine 10-Prozent-Partei. Heute ist die SVP mit einer dezidierten Haltung gegenüber einem EU-Beitritt auf 26 Prozent», so Amstutz.

SVP-Präsident Toni Brunner zeigte sich gegenüber der «Tagesschau» ärgerlich. Er könne sich nicht vorstellen, dass Ogi die Volksrechte abbauen oder fremde Richter wolle. Genau dafür kämpfe die SVP: Für eine unabhängige und freie Schweiz, so Brunner.

Blocher spricht von weiterer Initiative

Derweil äusserte sich auch alt Bundesrat Blocher in der Sonntagspresse – mit einer weiteren Initiativankündigung. Er wolle die Kündigung der Personenfreizügigkeit mit einer Volksinitiative durchsetzen, wenn die Zuwanderungsinitiative hintertrieben werde, sagte Blocher im Interview mit der Zeitung «Schweiz am Sonntag».

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