Der Aufruhr war gross, als 2012 bekannt wurde, dass die Grossbank UBS einen Lehrstuhl an der Uni Zürich finanziert. Heute ist es gang und gäbe, dass Lehrstühle an Schweizer Universitäten privat gesponsert werden.
Gemäss Bundesamt für Statistik stammen aktuell rund acht Prozent der Gelder der Universitäten aus Stiftungen oder sind private Forschungsmandate.
HSG traditionell eng mit Privatwirtschaft verknüpft
Wenn die Universität St. Gallen (HSG) künftig im Institut für Mobilität forscht, dann macht sie das auch mit Geldern der Schweizer Automobil-Importeure. 2.68 Millionen Franken zahlen diese während acht Jahren. Weitere Sponsoren sind dort Porsche, BMW und Toyota.
Die HSG sei traditionell eng mit der Privatwirtschaft verknüpft, sagt Andreas Herrmann, der Direktor des Instituts für Mobilität, das von den Autolobbygeldern profitiert.
Er sieht keine Probleme. Alles sei vertraglich geregelt. «Ich arbeite genauso mit der SBB oder mit anderen Unternehmen des öffentlichen Verkehrs zusammen», sagt Herrmann. Es gebe weder Restriktionen noch Interessenskonflikte.
Es gibt weder Restriktionen noch Interessenskonflikte.
Rund 13.5 Millionen Franken erhielt die HSG gemäss Bundesamt für Statistik im Jahr 2023 von Privaten für ihre Forschung. Dazu kommt Geld aus Stiftungen. Dieses fliesst unter anderem in Institute und finanziert diese.
«Kein Problem» sieht auch Mathias Finger in diesem Vorgehen. Der emeritierte Professor forschte früher selber an der Eidgenössischen Technischen Hochschule EPFL in Lausanne zum Thema Verkehr.
Mit einem gesponserten Lehrstuhl muss man noch mehr zeigen, dass man unabhängig ist.
Für Finger gefährdet eine private Finanzierung der Hochschulforschung die unabhängige Forschung nicht. «Genau diese Zweifel helfen der Forschung.» Der Mechanismus sei eher umgekehrt: «Wer einen gesponserten Lehrstuhl hat, muss noch mehr zeigen, dass er unabhängig ist, sonst ist man weder als Person noch als Wissenschafter glaubwürdig.»
«Es ist wichtig, dass der Professor von der Universität angestellt ist und nicht vom Sponsor», sagt Wissenschafter Mathias Finger, dessen Lehrstuhl damals von der Post gesponsert wurde.
Partikularinteressen vertreten oder in hoch spezifischen Problemen forschen, die nur einen Akteur interessieren, dürfe ein gesponserter Professor nicht.
Einordnung statt spezifische Problemlösungen
Die Forschung soll einordnen und einen Überblick verschaffen. Das sei wichtig, sagt Mathias Finger, emeritierter Professor und Wissenschafter. Für ihn ist klar: «Es täte vielen Universitäten gut, praxisnähere Lehrstühle zu haben.» Praxisnahe Lehrstühle würden die fächerübergreifende Forschung fördern.
Es täte vielen Universitäten gut, praxisnähere Lehrstühle zu haben.
Schweizweit fliessen immer mehr private Gelder in die Forschung. Sei dies in Universitäten oder Unternehmen. 2021 erfolgten 66 Prozent der gesamten Forschungsinvestitionen in der Schweiz von Privaten. Sie haben damals laut Bundesamt für Statistik 16.8 Milliarden Franken in die Forschung investiert. Im Jahr 2000 war es etwas weniger als die Hälfte, nämlich 7.8 Milliarden Franken.
Bund zahlt weniger
Der Bund will ab nächstem Jahr die Gelder an den Hochschulen und Universitäten kürzen. Es geht um insgesamt 460 Millionen Franken. Davon betroffen ist auch die Forschung.
Um die steigenden Ausgaben für die Armee oder die 13. AHV-Rente stemmen zu können, will der Bundesrat an anderen Orten insgesamt 3.6 Milliarden Franken einsparen. Das Entlastungspaket ist noch bis Anfang Mai in der Vernehmlassung.