Das Leben in der Stadt ist teuer. So teuer, dass einkommensschwache Menschen immer mehr an den Rand gedrängt werden, und aufs Land oder in die Vorstädte ziehen müssen. Ungefähr so könnte man die lange gehegte Meinung umschreiben.
Eine Studie des Bundesamtes für Wohnungswesen BWO zeigt jetzt allerdings: Das stimmt gar nicht. Eher ist sogar das Gegenteil der Fall. Vor allem gut situierte Personen verlassen die Kernagglomerationen und ziehen in Gegenden, in denen bereits andere Personen aus ihrer sozialen Schicht leben. Auch sind Reiche eher bereit, ihren Wohnort zu wechseln.
Menschen mit wenig Geld hingegen bleiben in der Regel in der Stadt. Zudem zieht es vor allem diese Personen in die Kernstädte. Bern ist eine Ausnahme.
In den Städten führt dieser Trend laut der Studie dazu, dass ärmere Menschen immer häufiger in Gebiete ziehen, in denen die Zahl der Einkommensschwachen bereits hoch sei. Besonders stark sei dies in Basel und der Romandie festzustellen.
Von einer «Ghettobildung», wie man sie etwa aus den USA kennt, will Doris Sfar, die beim BWO für Information verantwortlich ist und die Studie mitverfasst hat, aber nicht sprechen: «Wir haben in der Schweiz das Glück, dass wir relativ kleinteilig sind. Es gibt aber die Tendenz, dass es einen Graben zwischen reichen und armen Gemeinden geben wird.» Reiche würden in reiche Gemeinden ziehen, weil sie es wollen, Arme dagegen in arme Gemeinden «weil sie wahrscheinlich nicht anders können».
Die Gefahr ist gross, dass man auf dem Land weg vom Fenster ist.
Dass Arme nur selten aufs Land ziehen, auch wenn das Leben dort günstiger wäre, erklärt Sfar mit dem Wert des zentralen Lebens. Viele Schlechterverdienende würden eine kleinere, teurere Wohnung bevorzugen, solange sie im Zentrum liegt. Sfar: «Die Gefahr ist gross, dass man auf dem Land weg vom Fenster ist. Das führt dazu, dass man sich eher beim Wohnen einschränkt.» Vorteile der Städte seien zudem etwa das bestehende soziale Netz, die Arbeitsmöglichkeiten oder der öffentliche Verkehr.
Untersucht wurden mit der Studie Personen im Alter zwischen 20 und 64 Jahren, die in den Agglomerationen von Zürich, Basel, Bern, Lugano, Lausanne und Genf leben. Ausgewertet wurde ihr Verhalten in den Jahren 2010 bis 2014 anhand von verschiedenen Quellen wie etwa der Arbeitslosenstatistik oder AHV-Konten.