Als 28-Jährige trat Camille Lothe 2022 das Präsidium der SVP der Stadt Zürich an und wollte die Politik der Partei in der linksgrünen Stadt umkrempeln. Nun gibt sie dieses Amt aber ab, wie sie in einem Interview mit der «NZZ» sagt.
Es liege aber nicht daran, dass sie ihre Freude an der politischen Arbeit verloren habe, sagt Camille Lothe gegenüber dem Regionaljournal: «Ich wäre gerne länger geblieben, aber meiner politischen Arbeit kam meine journalistische Arbeit in die Quere.»
«Zielkonflikt wäre zu gross geworden»
Neben ihrem Parteiamt arbeitet Lothe 100 Prozent für den «Nebelspalter». Da sie dort eine Leitungsposition übernehme, sei der Zielkonflikt zwischen Politik und Journalismus zu gross geworden: «Oft erfahre ich als Parteipräsidentin Informationen, die ich auch gerne journalistisch benutzen würde – und das wäre weder den Lesern, noch den Wählern gegenüber fair.»
Lothe gibt ihr Amt an der Generalversammlung der SVP der Stadt Zürich am 25. Mai ab. Für ihre Nachfolge wünscht sie sich jemanden, der das zeitintensive Amt «mit 110 Prozent Engagement» weiterführen kann.
Stephan Iten schliesst Kandidatur nicht aus
Wer sich alles als Nachfolgerin oder Nachfolger bewirbt, ist derzeit offen. Der aktuelle Vize-Präsident Stephan Iten schliesst eine Kandidatur nicht aus. Er sagt: «Die Findungskommission muss entscheiden, ob ich die geeignete Person bin, aber als erster Vize-Parteipräsident muss ich damit rechnen, dass es in dieser Richtung weiter gehen könnte.»
Samuel Balsiger, Präsident der SVP-Fraktion im Stadtzürcher Parlament, sagt zu Lothes Nachfolge, dass weder das Geschlecht noch das Alter eine Rolle spiele: «Grundvoraussetzung ist, dass die Person kann und will – und dabei haben wir genügend Leute in der Partei, die diese Voraussetzung erfüllen.» Er selber wolle sich allerdings nicht zur Verfügung stellen.
Junge Frau unter älteren Männern
An Camille Lothe als Parteipräsidentin lobt Samuel Balsiger vor allem ihre gute Medienarbeit: «Als junge akademische Frau, die eingebürgert ist, hat sie ein anderes Bild abgegeben, als man dies von der SVP gewohnt ist.» Lothes Manko sei gewesen, dass sie selber nicht im Parlament vertreten war. Dennoch habe sie sich bemüht und sei an den Fraktionssitzungen anwesend gewesen. So habe die Zusammenarbeit zwischen der jungen Frau und den deutlich älteren und ausschliesslich männlichen Fraktionsmitgliedern gut funktioniert.
Das sagt auch Camille Lothe selber. Sie sei gut aufgenommen worden und habe vom ersten Tag an ihren Blick von aussen einbringen können. Politisch habe sie mit der Anti-Chaoten-Initiative und der Initiative gegen goldene Fallschirme Erfolge gehabt in der links-grün dominierten Stadt Zürich.
Nach ihrem Rücktritt wird die 30-Jährige nicht mehr politisch aktiv sein. Eine Rückkehr in die Politik schliesst sie allerdings nicht aus. Ihre grosse Leidenschaft wäre ein Sitz im Gemeinderat oder im Nationalrat gewesen. Dafür sei sie nach wie vor offen.