Die Schweiz hat bisher keine Sanktionen gegen Russland ergriffen. Der mutmassliche Abschuss könnte das nun ändern. Doch Bern will offenbar nicht überstürzt handeln. Felix Gutzwiller, Präsident der Aussenpolitischen Kommission (APK) des Ständerats, sagte gegenüber der «Schweiz am Sonntag»: «Zuerst muss man jetzt wissen, wer den Abschuss zu verantworten hat. Dann erst geht es um mögliche Massnahmen.»
«Alleingang erzeugt keine Wirkung»
Auch FDP-Aussenpolitikerin Christa Markwalder fordert Zurückhaltung. «Die Schweiz soll sich mit der EU abstimmen. Ein Alleingang mit Sanktionen erzeugt keine Wirkung. Aber politisch müssen wir Russland klarmachen, dass mit diesem Drama noch einmal rote Linien überschritten worden sind.»
Und Carlo Sommaruga, Präsident der APK des Nationalrats, verlangt: «Bevor man von neuen Sanktionen spricht, muss die Schweiz alles tun, um die Wahrheit über den Absturz des Flugzeuges zu finden.» Er schlägt eine von der Schweiz präsidierte internationale Expertengruppe vor.
Eine Forderung, die Andreas Aebi, Präsident der OSZE-Parlamentarier-Delegation, unterstützt: «Falls es der OSZE nicht schnellst möglich gelingt zu handeln, ist der Einsatz einer Expertengruppe zu überprüfen.»
Steinmeiers Kritik an Separatisten
Mit ihrer Zurückhaltung steht die Schweiz in Europa nicht allein. So fordert zum Beispiel Deutschlands Aussenminister Frank-Walter Steinmeier, dass zunächst geklärt werden müsse, ob Kräfte aus Russland direkt am Abschuss des Flugzeugs beteiligt waren.
Erst dann könne über weitere Sanktionen entschieden werden. Allerdings stellte Steinmeier auch klar: «Die Täter und ihre Hintermänner dürfen nicht entkommen.»
«Lage im Osten eskaliert weiter»
Einzig Polen ist für einen härteren Kurs gegenüber Moskau. Der EU warf der polnische Aussenminister Radoslaw Sikorski deshalb eine zu grosse Zurückhaltung vor. Der «Welt am Sonntag» sagte Sikorski: «Europa hat zu wenig getan, um das Verhalten Russlands in den verschiedenen Phasen des Konflikts zu beeinflussen.»
Sikorski geht von einer weiteren Verschärfung der Situation in der Ukraine aus. Es sei klar zu erkennen, «dass die Lage im Osten sich keinesfalls entspannt, sondern im Gegenteil weiter eskaliert», sagte der Minister.