Sechs bis zehn Jahre. So lange dauert es normalerweise, bis die über verschiedene Testphasen hinweg im Labor, bei Tieren und Menschen gesammelten Daten eingereicht werden und die Behörden über die Zulassung eines Impfstoffs entscheiden können.
Bei den Corona-Impfstoffen wurde dieser Prozess auf wenige Monate verkürzt. «Das hat es in der Medizingeschichte noch nie gegeben und ist durchaus auch etwas Positives», sagt Claus Bolte, Leiter Zulassung bei Swissmedic. «In kurzer Zeit konnten durch viele parallel laufende Aktivitäten viele Impfstoffe entwickelt werden, und wir haben parallel dazu geprüft.»
Das erkläre einen grossen Teil der Beschleunigung in der Entwicklung wie in der Prüfung.
Die laufende Analyse ist Sache von Clinical Reviewern wie Daniel Lottaz. Der zu sichtende Datenberg ist immens: «Wenn es um einen wirklich neuen Wirkstoff geht, sind das Tausende von Seiten. Früher, als die Daten noch nicht elektronisch übermittelt wurden, fuhren bei uns Lastwagen mit bedrucktem Papier vor.»
Die Daten aus den klinischen Studien sind zum grossen Teil noch nicht öffentlich zugänglich – nur die Protokolle, die beschreiben, wie und was die Studien untersuchen. Der international anerkannte Experte für Zulassungsdaten Peter Doshi hat diese Protokolle analysiert und kommt zu einem ernüchternden Fazit: «Die Studien untersuchen in erster Linie, ob die Impfstoffe das Risiko einer Covid-Erkrankung unabhängig vom Schweregrad verhindern können. Wenn ein Impfstoff also das Risiko auf einen Husten und einen positiven Covidtest verringern kann, gilt das in der Studie als Erfolg.»
Für Doshi liegt die Messlatte zu tief. Claus Bolte widerspricht: «Wenn allen Beteiligten klar ist, auf welcher Grundlage der Impfstoff zugelassen wurde, kann man das gut verantworten.»
Risikofaktor Langzeitfolgen
Was Laien wie Experten noch stärker beschäftigt: Wie steht es um mögliche Nebenwirkungen und Langzeitfolgen des Impfstoffs?
Prominentes Negativbeispiel für mögliche Folgen einer Zulassung unter Druck und ohne abschliessende Daten ist der Schweinegrippe-Impfstoff «Pandemrix». 2009 ebenfalls in weniger als einem Jahr entwickelt und zugelassen, erkrankte ein Teil der Geimpften plötzlich an der Schlafkrankheit.
Die Problematik ist Swissmedic durchaus bewusst, betont Claus Bolte. «Es wäre natürlich wünschenswert, heute schon über Daten zu verfügen, die uns erst in ein, zwei Jahren vorliegen werden. Aber wir müssen auch der Dringlichkeit und der sehr ernsthaften Situation dieser noch andauernden Pandemie gerecht werden.»
Impfen, obwohl noch einige Fragen offen sind. Deshalb überwacht Swissmedic die Impfstoffe auch nach der Zulassung eng: «Zum einen werden die Studienteilnehmer weiter überwacht», erklärt Karoline Mathys, Leiterin des Swissmedic-Bereichs Marktüberwachung. «Dann gibt es Überwachungspläne der Hersteller, die neue Nebenwirkungen bei geimpften Personen umgehend melden müssen.»
Schliesslich sind auch die impfenden Fachpersonen und Ärzte in der Pflicht und haben Nebenwirkungen bei Patientinnen und Patienten umgehend zu melden.